Beiträge von Bomburlina

    Tag 28 ~ 18:06 Uhr ~ Hinter dem Speisesaal

    Lena legte ihren Kopf in den Nacken und schaute Samirall tief in die Augen. Er sah wirklich angespannt aus, aber ihr ging es auch nicht viel besser.
    Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen strich sie ihm über die Wange. „Ich vertraue dir. Ich hoffe, dass du das weißt.“
    'aber es gibt auch Dinge, die ich zu deinem Schutz tun muss', führte sie gedanklich fort, als sie ihm einen Abschiedskuss gab und sich mit den Worten „Ich gehe mich wieder hinlegen. Mein Körper ist zu schwach, liegt wohl an dieser gemeinen Sonne“, verabschiedete.


    Doch statt zu ihrem Zimmer ging Lena behutsam im Erdgeschoss an den Fenstern außen entlang. Natürlich achtete sie peinlichst darauf, dass Samirall nicht wusste, was ihre Intentionen waren.
    'Zimmer 026', ging sie in ihren Gedanken noch ein Mal durch, als sie die Wand entlang ging.
    'Das müsstest wohl du sein.'
    Sie stand vor einen Fenster, dass leicht geöffnet war. Nachdem sie sich über das halb geöffnete Fenster schmunzelte, legte sie ihre Hand an das Schloss, sodass es so einfror, dass man es einfach wegbrechen konnte.
    Schnell und so geräuschlos, wie nur möglich stieg sie in das Zimmer und schloss, so gut es ging, das Fenster.
    „Dann warten wir doch auf unsere Besucher“, murmelte Lena vor sich hin, während sich die Raumtemperatur um sie herum abkühlte.

    Tag 28 ~ 18:06 Uhr ~ Hinter dem Speisesaal


    Natürlich vertraute sie ihm, das war keine Frage, aber irgendwas beunruhigte sie in so einem Maße, dass sie es gar nicht dazu kommen lassen mochte.


    „Ich könnte mir es nie verzeihen, wenn dir bei dem Kampf irgendwas passieren würde. Niemals.“, murmelte sie leise in sich hinein, als sie ihren Freund umarmte.


    „Du und ich.. Du hast gesagt, wir gehören zusammen und.. und..“, sie geriet ins Stottern. Was hätte sie denn sagen sollen? Ihre geradlinige Gefühlswelt war nur ein Chaos.


    Doch in dem Moment der Stille und verzweifelten Auswegsuche um die Situation zu kippen, fiel ihr das Anhängsel von dem großen sperrigen Schwertkämpfer ein, sodass sie ihre Planung für heute Abend überdachte.


    Sie würde alles daran setzen, dass Samirall nichts passierte. Ansonsten würden einige ein böses Erwachen erleiden müssen. 'Man muss das beschützen, was einem am Meisten am Herzen liegt.', zitierte sie in ihren Gedanken von ihrem Meister.
    Eine kleine Brise wehte nun vom Meer heran und ließ den Augenblick wie eine Ewigkeit erscheinen, als sich die beiden, ohne sich etwas zu sagen, in die Augen guckten, als ob sie wüssten, was der andere dachte.
    „Ich liebe dich, Samirall“ ~

    Tag 28 ~ 18:05 Uhr ~ Hinter dem Speisesaal


    Lange Zeit sah Lena fast schon geistesabwesend in den Himmel, denn dieser Ort brachte in ihr Erinnerungen hoch:
    Es war der Platz, wo Lenas PSI-Kräfte die Kontrolle über sie übernahmen.
    Sie schämte sich für das, was passiert war. Doch rückgängig machen konnte sie es nicht. Ein schwacher Moment und schon würde ihre Welt nicht mehr die Gleiche sein. Aus diesen Grund hatte sie sich in all den Jahren des Trainings ganz besonders auf die Selbstkontrolle konzentriert.
    „Ich hoffe, ich werde mich beherrschen können. An diesen Ort“, flüsterte sie und betrachtete nochmal ihre Umgebung mit ihren blauen Augen.
    Sie lehnte sich an die Wand und konnte nur noch an eins denken: Was wird aus Samirall, wenn er gegen den anderen Schwertkämpfer antritt? Wird er sich verletzen? Wird er depressiv werden? Wie wird er sich verändern?
    Und wenn Lena eins hasste, außer penetranten Menschen und Zeit mit unwichtigen Dingen verschwenden, dann waren das Veränderungen.
    „Ich will nicht, dass du dich veränderst“, flüsterte sie abermals und ballte ihre Fäuste, um nicht die Kontrolle zu verlieren, als Samirall gerade neben ihr auftauchte.

    Tag 28 ~ 18:02 Uhr ~ Speisesaal

    Noch leicht schlaftrunken schleppte sich Lena von ihrem Zimmer in den Speisesaal Doch was sie dort sah, ließ sie leicht schaudern: Ihr Samirall saß mit den beiden Unbekannten von heute an einem Tisch. Durch seine Körperhaltung verriet er, wie angespannt er war und das brachte Lena leicht aus der Fassung, denn nur eine Sache konnten ihren Freund so aus seiner ruhigen Art reißen und das war ein Kampf.


    Langsam ging sie mit wechselnden Blick zwischen Samirall und den Unbekannten zu dem Tisch. Sie ignorierte die Außenstehenden, die immer mehr und mehr auf die drei Jungen am Tisch blickten und ging immer weiter.
    „Samirall...“
    , flüsterte sie, als sie mit leicht geschockten Gesicht die Gesprächsfetzen mitbekommen hatte und vor dem Tisch stand. „Willst du das wirklich machen?“


    Früher hätte sie sich nicht um das geschert, was andere machten. Sie und ihr Training waren im Mittelpunkt gewesen, doch das hatte sich geändert und nun mit anzusehen, wie ihr Vertrautester ein Duell mit einem anderen beginnen wollte, der nicht danach aussah, als ob er wenig trainieren würde, machte ihr Angst. Mehr als Angst; ihre Sorgen um ihren Geliebten veränderten sich zu Schmerzen in ihrer Brust. Bevor sie aber dem weiteren Gedankenzug folgen konnte, der ihr die Risiken eines solchen Duells vor die Augen führte, ergriff sie die Hand von Samirall und meinte nur forsch: „Wir müssen reden. Jetzt. Wir treffen uns hinter dem Speisesaal.“
    Mit einem herablassenden Blick und einer arroganten Handbewegung verabschiedete sie sich von den beiden anderen am Tisch und verließ den Speisesaal.

    Tag 28 ~ 17:35 Uhr ~ Lenas Zimmer

    Nachdem Samirall ihr Zimmer verlassen hatte, richtete sie sich langsam in ihrem Bett auf. Seit langem hatte sie ihre Zimmergenossin Kazumi Akimoto nicht gesehen, als ob sie verschollen wäre, doch in ihrem jetzigen Zustand machte sie sich eher über sich Sorgen, als um irgendwelche seit neun Tagen verschwundenen Zimmergenossinnen, schließlich konnte sie sich dann ausbreiten.

    Nach einen kleinen Seufzer stand sie dann auf und zog sich auf dem Weg zur Dusche langsam aus. Die Freiheit, ein Doppelzimmer benutzen zu können, war wirklich schon was Gutes.
    Unter der eiskalten Dusche schweiften ihre Gedanken zu einem Wirrwarr von Erinnerungen ohne jeglichen Sinn ab . Als sie aus der Dusche kam, legte sie sich aufs Bett und starrte die weiße Decke an, bis sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnte.

    „Wo wohl Samirall ist? Ich hoffe es geht ihm gut“, flüsterte sie, drehte sich auf die Seite und schloss die Augen. 'Ich liebe dich auch..', antwortete sie in Gedanken, während sie sich so entspannte, dass sie für kurze Zeit einschlief.

    Tag 28 ~ 17:30 Uhr ~ Gelände der Akademie


    Langsam erwachte Lena aus ihrer Ohnmacht und schaute Samirall an, der schon wirklich fertig aussah.


    „Ich.. es tut mir Leid. Ich habe meine Vergangenheit gesehen oder besser gesagt meine wahre Macht. Sie war so grausam und...“ Sie setzte eine kleine Pause ein. „.. kalt. Ich glaube, wenn wir jemals in einer dieser komischen 5er Verbindungen kommen, werde ich wohl zu dem, was ich nie hätte sein sollen.
    Ich weiß nicht, ob ich wirklich in diese Verbindung gehen will.“

    Nachdem die Worte von ihren Lippen glitten, schloss sie ihre Augen und kuschelte sich mehr in die Arme von Samirall.
    „Ich will nicht diese große Macht besitzen.. ich... ich weiß nicht. Ich will bei dir bleiben.


    Aber Samirall tust du mir einen Gefallen? Bringst du mich zu meinen Zimmer? Ich fühle mich schwach, aber muss aus diese Klamotten raus.. puu“ Mit einem kleinen Lächeln versuchte sie die gespannte Atmosphäre zu lösen.

    Tag 28 ~ 17:21 Uhr ~ Gelände der Akademie


    Nach dem Ereignis standen beide völlig reglos da, doch bevor Lena irgendwas erklären konnte, wich nur ein kleines „ich...“ aus ihr heraus und sie fiel in Ohnmacht.


    Lena fand sich nach Momenten der Betäubung zurück in ihrem alten Zuhause, doch es war nicht dasselbe Sibirien, es war das Sibirien vor 12 Jahren.
    Es war daran zu erkennen, dass die 7-jährige Lena aus der Vergangenheit mitten in einen Schneesturm stand.


    „Wo bin ich bloß?“, fragte die Lena aus der realen Welt flüsternd und bemerkte, dass sie fast durchsichtig war. „Ein Sprung in meine Vergangenheit...wie ein Zeitfilm. Aber wieso?“


    Sie würde es bald erfahren, doch zunächst überlegte sie welche Erinnerung es wohl sein würde, als es ihr dann eingefallen war: es war kurz nachdem ihre Babuschka getötet worden war.
    Sie ging auf die kleine Lena zu und beobachtete, was sie tat: die Kleine war am weinen und saß hockend im Schnee.
    Doch plötzlich geschah es: der Schneesturm wurde immer heftiger und heftiger und man konnte erkennen, dass sich in dem kleinen Mädchen etwas aufbaute. Ihre Eiskraft konzentrierte sich auf einen Punkt und der Punkt war eine kleine Siedlung neben ihrem Heimatdorf.
    „Sterbt! Sterbt!“, rief das kleine Mädchen mit Tränen in den Augen, als eine Gletscherscherbe auf die Siedlung fiel und alles unter sich begruben hatte.


    Die Geister – Lena erschrak. Sie konnte sich nicht an diese Szene erinnern. Es war für sie nur ein Horrorfilm. Dann aber fielen ihr die Worte ihres Meisters ein: „du bist zu mächtig geworden.. sie haben dich versucht loszuwerden...doch es hatte nicht geklappt.“


    Also war das ihre größte Macht. Die Macht eine Gletscherscherbe zu beschwören.


    Sofort fiel das kleine Mädchen um, denn sie hatte viel zu viel Energie dafür benutzen müssen.
    Auf ein Mal kam ein Zeitriss und die Geister – Lena fand sich in einem Raum wieder mit vielen Armaturen und Akten. Mitten in dem Zimmer war wieder das kleine Mädchen und um sie herum standen viele Männer in Kitteln und untersuchten die immer noch reglose kleine Lena.


    „Ich verstehe, warum ich mich nicht mehr dran erinnern kann.“, flüsterte die Geister – Lena, als sie den Männern zuhörte und fügte hinzu. „Jetzt verstehe ich. All die letzten Jahre haben sie mich versucht zu kontrollieren und versucht mir andere Wege der Eiskraft beizubringen, damit ich das nicht mehr tue. Ob ich wohl...“


    Doch bevor sie ihren Gedanken weiterführen konnte, wachte sie in den Armen eines zerrütteten Samiralls auf.