Tag 29 - 16:13 Uhr - Gelände der Akademie
Ptolemäus öffnete die Augen. Ein plötzlicher und fast unerträglicher Schmerz durchschoss seinen Kopf, genauer die Augen. Es fühlte sich so an wie damals.... Bevor er den Gedanken zu Ende führen konnte, kamen Sanitäter und wollten ihn auf eine Trage hieven. Dass sagten sie jedenfalls. Er schüttelte den Kopf, setzte sich, bis das leichte Schwindelgefühl weg war, zog sein schwarzes, zerknicktes T-Shirt aus und riss einen Ärmel ab. Er zerriss diesen Ärmel so, dass er sich daraus eine Augenbinde fertigen konnte. Diese schwarze Augenbinde band er sich nun um, stellte ich auf und setzte etwas ein, was er auf der Straße gelernt hatte: seinen geschärften Hörsinn. "Metro? Metro! Wer hat dir erlaubt, aufzustehen, wenn ich noch liege?", witzelte Ptolemäus in die Richtung, in welcher er Metro gesehen hatte, als er die Augen kurz geöffnet hatte. Er hörte eine Stimme, vom Boden her, welche winselte. "Metro? Ist das die Person, die uns geholfen hat?" Ptolemäus hatte es nicht verhindern können, egal, wie er es wollte. Niemand sollte seine Schmerzen teilen, geschweige denn, sie durch das eigene Heil austauschen! Er kniete sich zu der Person und tastete kurz vor sich, bis er die Hand der Person in den Griff bekam. "Danke, danke vielmals. Aber wiederhol das nur, wenn wir Tod sind, ja? Tut mir Leid wegen der Schmerzen...." Er stellte sich wieder auf. Seine Augen schmerzten dieses mal schlimmer als das letzte Mal. 'Argh! Ich muss mich die nächste Woche wohl auf meinen Hörsinn verlassen....' "Und wohl auf dich, Metro!" Ptolemäus grinste. Er konnte das verwirrte und überfragte Gesicht von Metro vor seinem geistigen Auge sehen. Nun lauschte er der Umgebung, um sich grob orientieren zu können.
[Geschichte] Abunai-Akademie - Buch 2 "Dunkle Wolken"
- Soulshadow
- Geschlossen
-
-
Tag 29 - 16:15 Uhr - Gelände der Akademie
Metro hörte Ptolemäus garnicht richtig zu. Er war müde und wollte schlafen.
"He. Hierher, du blindes Schweinchen.", witzelte er zurück und schmunzelte ein wenig, als er Richtung Eingang ging.
Was ihm aber schnell wieder verging, als er das Elend innerhalb der Kuppel sah. Was hier jetzt noch fehlte, waren Literweise Blut und Tonnenweise Leichen.
Die Mitschüler taten ihm Leid. Wenn man in wenigen Augenblicken die eigene, kleine, heile Welt entrissen bekam, war das für niemanden leicht.
Er sah ein Mädchen, das gerade ihr Gesicht unter den langen Haaren in ihren Händen vergrub und am ganzen Leib zitterte. Er überlegte, ob er stehen bleiben sollte, um ihr Mut zuzusprechen und ihr aufzuhelfen. Aber er wusste nicht, was er sagen sollte und wahrscheinlich hielt sie ihn für ein Monster, wozu sie auch allen Grund hatte. Er ging weiter, ohne das ihm auffiel, das sie in der kleinen Gruppe gewesen war, die er zu beschützen versucht hatte. -
Ryu zuckte mit den Schultern.
"Mir Egal..."
Er wendete sich nun vollends seiner Mutter zu.
"Ich habe eine Entscheidung getroffen."
Er senkte etwas den Blick. Es schien ihn viel zu Kosten diese zugeständnis zu machen.
"Ich kann nicht länger Leugnen was ich bin...oder was ich kann..."
Die Hand ballte er zur Faust und schaute dann entschlossen zu seiner Mutter.
"Ich möchte mich dem Unterricht wieder anschliessen! Nicht weil ich irgendjemanden etwas zeigen oder Beweisen möchte...Nein... so wie ich jetzt bin, bin ich eine Gefahr für alle. Ich muss lernen es zu kontrollieren."
Der Blick des weißhaarigen Mädchens schien sich kaum zu rühren. Erst als Ryu seinen Satz beendet hatte fing sie an zu sprechen.
"Frau Direktorin. Ich habe vorhin meine Wut an diesem Schüler ausgelassen und dafür möchte ich mich im Vorfeld entschuldigen. Jedoch..."
Nun haftet ihr Blick fast schon an den Augen der Direktorin.
"...ich war sehr tief in seinen Geist vorgedrungen. Mein Wunsch war es ihn innerlich zu zerstören, doch ich stoppte. Ich sah Dinge..."
Kurz schossen ihr Gedanken durch den Kopf, doch verscheuchte sie sie schnell.
"...die ich lieber nicht gesehen hätte. Dieser Schüler ist eine Gefahr!"
"Hey woah...so schlimm bin ich auch nicht!"
Ryu hob verteidigend die Hände.
"Du nicht...aber das was in dir ist schon!"
"Woher..."
"Deine Alpträume werden schlimmer oder?"
Ryu wendete den Blick ab.
"Was weisst du schon..."
"Dieser Junge kämpft einen aussichtslosen Kampf. Er kann ihn nicht alleine gewinnen."
"Pah! Ich brauch euch nicht. Ich bin stark genug das alleine zu schaffen!"
Man konnte eine leichte Zornesfalte auf der Stirn des Mädchens erkennen. Sie erhob etwas die Stimme
"Deine Körperliche Stärke zählt bei diesem Wesen nicht! Du kannst nicht alles durch Muskelkraft und Willenstärke erreichen! Bist du so dämlich oder willst du es nicht begreifen?!?"
Sie versuchte sich etwas zu beruhigen und atmete tief durch. Ryu hatte zu diesem Zeitpunkt nichts gesagt. Vielleicht hatte sie sogar Recht.
"Aber wenn ich lerne es zu kontrollieren, dann kann ich es schaffen..."
"Dafür ist es schon zu spät."
Sie wandte sich wieder an die Direktorin.
"Mein Vorschlag wäre es ihn wegzusperren. Zum Wohl seiner selbst und zum Wohl der anderen Schüler und Lehrer."
"Was?!? Hast du sie noch alle? Es muss doch noch eine andere Lösung geben!"
Ryu schien schon fast verzweifelt. So hatte man ihn bisher noch nicht gesehen. Da wollte er sich endlich dazu herablassen seine Kräfte zu akzeptieren und dann sowas? Das konnte nicht sein. Es musste einen anderen Weg geben. Verzweifelt schaute er seine Mutter an. Ob sie etwas wüsste? Oder einer der anderen Lehrer? Immerhin war dieses Mädchen ja nur eine Schülerin und es gab bestimmt Lehrer die schon öfter mit sowas Erfahrung gemacht hatten. -
Tag 29 - 16:20 Uhr - Gelände der Akademie - Hauptgebäude
Valentina sah die beiden einen Moment lang an. Fumiko Yoshida erwiderte den Blick ruhig und entschlossen, während Ryu etwas erschüttert wirkte.
"Ein Teil deiner Vergangenheit liegt für dich und die Welt im Dunklen, Ryu. Wenn Yoshida-san in deinen Geist geblickt hat und dort etwas gefunden hat, dass dir eigentlich auch bewusst sein müsste, dann besteht die Gefahr einer Wiederholung der Ereignisse von vor 10 Tagen", begann sie ruhig. "Du kennst mich lange genug, um zu wissen, dass ich Risiken minimiere, wenn dies möglich ist! Deine Fähigkeiten gehören in den Bereich, den du sonst den PSI-Spinnern, wie du dich gerne ausdrückst, zugehörig ist. Deine Vergangenheit ist dabei wohl der Schlüssel zu dem, was du tief in dir begraben hast. Aber der menschliche Geist ist noch immer nicht vollständig entschlüsselt..."
Viele Dinge, über die Ryu nie gesprochen hatte, erschienen in einem anderen Licht.
Man wusste von dem Vorfall aus seiner Kindheit nicht sehr viel, da die Konzerne zwar weltweit nach Fähigkeiten suchten, diese aber nicht aufzeichnen konnten. Und Ryu selbst schien sich an nichts erinnern zu können."Wir müssen ergründen, was du in dir trägst, Ryu. Deine Ablehnung gegenüber den PSI-Fähigkeiten erscheint nun eher ein Schutz gewesen zu sein, um das andere nicht zu wecken. Du hast schon früher in Momenten, wo du abwesend erschienst, Löcher in den Boden gebrannt. Irgendwie hast du diese danach immer ignoriert. Jetzt, wo diese Kraft in dir wieder erwacht ist und deine sonst so eisenharte Konzentration zerrütten kann, bleibt nur eine Alternative zu dem Vorschlag von Yoshida-san..." sie blickte kurz zu dem Mädchen, die noch immer Entschlossenheit ausstrahlte.
"...Du musst mit Hilfe und Unterstützung deine Vergangenheit ergründen! Nur wenn dieses andere Ich in dir bekämpft werden kann, hast du eine Chance auf ein Leben, Ryu. Du kannst gegen dein anderes Ich nicht trotzen. Ignorieren kannst du es nun auch nicht mehr! Aber alleine wirst du nicht siegen können! Du wirst das tun müssen, was du am wenigsten willst... du musst dich auf andere Verlassen. Ohne Hilfe kannst du diesen Kampf niemals gewinnen und ohne ihn zu gewinnen kannst du niemals wieder frei sein! Ich hatte immer gehofft, dass es einen einfacheren Weg geben würde, aber leider vergebens."Der Weg, den Ryu nun einschlagen musste, würde ihn zu seinem anderen Selbst und auch zu den Ereignissen seiner Vergangenheit führen. Und er führte nicht in der wirklichen Welt dorthin. Es war der Weg in sein Unterbewusstsein und den Wurzeln seines Ich.
"Das ist ein Kampf, der in deinem Inneren stattfinden wird und für den du Begleiter brauchst. Diese Begleiter werden dich in dein tiefstes Selbst führen, wo wohl auch die Ursache deiner Probleme liegt. Sie werden dich besser kennen lernen, als du dich selbst zur Zeit kennst! Wie entscheidest du also?"
Sie blickte Ryu ohne jeden Zwang an. Diese Entscheidung musste er aus freien Stücken fällen... -
Ryu ballte die Hand zur Faust und senkte den Blick. Diese Entscheidung viel ihm schwer, das konnte man spüren. Er war sich nicht sicher ob er selbst überhaupt wissen wollte, was damals vorgefallen war. Und dann es auch noch fremden offenbaren? Er schaute entschlossen zu seiner Mutter.
"Ich will diesen Schritt gehen..."
Sein Blick schien entschlossen. Aber das er etwas wie Furcht empfand wollte er nicht zugeben.
"Und ich melde mich freiwillig..."
Ryu schaute etwas entsetzt zu ihr. Wollte sie ihn nicht gerade noch weggesperrt sehen? Vielleicht hatte sie aber auch nur die schnellste und einfachste Lösung vorgeschlagen. Dennoch nickte Ryu. Er hatte ihre Fähigkeiten ja schon kennengelernt und das am eigenen Leib. Doch hatte sie ihm so auch Bewiesen das sie keine Angst hatte. Vielleicht konnte sie ihm wirklich helfen. Wieder wandte er den Blick seiner Mutter zu.
"Was muss ich tun?" -
Tag 29 - 16:21 Uhr - Gelände der Akademie - Hauptgebäude
Valentina hatte den Blick nicht von Ryu genommen, während dieser seine Entscheidung getroffen hatte. Sie wusste genau, wie schwer ihm diese Entscheidung fallen würde. Schließlich ließ er ungern jemanden an sich heran!
Niemand außer ihr hätte die Furcht in ihm bemerken können, die er eisern in sich verschlossen hielt. Das Ereignis mit seinem anderen Ich hatte ihn zutiefst erschüttert, so dass er noch aggressiver als sonst auf andere reagiert hätte. Deshalb hatte sie ihn zur Wachabteilung der Insel versetzt, wo er die notwendige Zeit für sich erhalten hatte, um sich zu sammeln.
Nun schien aber nach der Tiefensondierung von Fumiko Yoshida das eigentliche Problem sich soweit verschlimmert zu haben, dass es nicht mehr warten konnte.
Nachdem Ryu seinen Entschluss gefasst hatte, beinahe unmittelbar gefolgt von Fumiko Yoshidas Meldung, atmete sie tief durch.
Sean Cuttlass und Senri Tsukamoto mussten das Ganze von Seiten der Ausbilder begleiten…
„Wir haben zwei Ausbilder, die dabei die Leitung übernehmen können. Yoshida-san ist ebenfalls eine Bereicherung für dieses Unternehmen. Allerdings wäre vielleicht noch eine weitere Person auszuwählen“, antwortete sie auf seine Frage. „Die Gewalttätigkeit deines anderes Ichs ist selbst nach Yoshida-sans Tiefenscan eine nicht genau definierte Kraft, deshalb sollte der Vorstoß so sicher, wie irgend möglich erfolgen. Denn wenn ihr dabei versagt, wird das andere Ich die Oberhand bekommen! Dann bliebe uns keine Wahl mehr.“
Ihr schwebte dabei zwar eine bestimmte Person vor, aber sie wollte bei dieser persönlichen Angelegenheit Ryu die freie Wahl lassen.
„Du musst noch jemanden auswählen, Ryu!“ -
Ryu überlegte. Welcher Person würde er es erlauben sein innerstes zu betrachten, wobei das ja eher nebensächlich war. Er wollte es einfach nur loswerden. Dennoch musste er die richtige Entscheidung treffen. Doch ohne weiter darüber nachzudenken rutschte ihm ein Name über die Lippen.
"Kazumi Akimoto..."
Plötzlich schreckte er hoch. Es war als wäre er kurz weggetreten gewesen. Dennoch erinnerte er sich daran was er gesagt hatte. Er wusste nicht warum er gerade sie gewählt hatte, doch versuchte er nicht viel darüber nachzudenken. Vielleicht war es auch gut so. Er hatte sowieso an sie gedacht. Doch wer diese Entscheidung getroffen hatte interessierte ihn schon. Aber bald würde er die Antwort wohl eh finden. -
Tag 29 - 16:22 Uhr - Gelände der Akademie - Hauptgebäude
Valentina war überrascht von Ryus Wahl, er selbst schien aber noch viel mehr von seiner Wahl überrascht zu sein. Da sie ebenfalls zu den Betroffenen des Vorfalles um den Ausbruch von Ryus Kräften gehörte, war sie zwar naheliegend, aber Kasumi war auch gerade erst aus ihrem Koma erwacht.
"Eine überraschende Wahl", gab sie unumwunden zu. "Kasumi Akimoto ist erst vor wenigen Stunden aus ihrem Koma erwacht, in dem sie seit dem Tag lag. Du scheinst sie also besucht zu haben."
Ryus Inneres schien in Bewegung gekommen zu sein.
"Ich werde sie durch den Doktor durchchecken lassen, ob sie bereits fit genug für einen Individuum-Trauma-Einsatz ist", fuhr sie fort, ohne jemanden zu Wort kommen zu lassen. Andere Dinge erwarteten ihre Entscheidungen und auch die Auswertung und die Folgen der letzten Übungen mussten noch abgewogen werden.
"Ihr solltet euch auf diesen Einsatz vorbereiten und Kräfte sammeln. Die menschliche Psyche ist ein nur teilweise erforschtes Gebiet, in dem große gefahren lauern können. In diesem Fall wissen wir sogar von einer großen Gefahr, die dort lauert! Ihr werdet nicht körperlich dorthin gehen, sondern nur als Bewusstsein. Es wird eine Erfahrung sein, die euch alles abverlangen könnte..."
Sie blickte die beiden nacheinander ernst an.
"Ich werde auch die notwenigen Vorbereitungen einleiten lassen, um die IT-Insertion zu bewerkstelligen. Morgen vormittag, sofern Kasumi Akimoto imstande und bereit sein sollte, wird man euch im Krankenhaus erwarten. Die beiden Ausbilder werden euch dann zu einem Briefing begleiten und anschließend beginnt es dann. Mir bleibt vorerst nur, euch viel Glück zu wünschen!"
Hanagata Kanazawa tauchte wie auf ein Stichwort wieder auf, stellte den Körperkontakt zur Direktorin her und sprang mit ihr.Noch immer standen die Schülerinnen und Schüler in Gruppen außerhalb der Simulationskuppel herum und diskutierten die gerade gemachten Erfahrungen. Dabei fiel niemanden auf, dass neun von ihnen gar nicht da waren.
Diese fast schon kriegsähnliche Erfahrung hatte die meisten aufgewühlt, so dass an eine geregelte Tätigkeit kein Gedanke verschwendet wurde. Von Ärger über den plötzlichen Angriff bis hin zu vor Angst zitternden Knien, weil man bereits das Leben hatte vorbeiziehen sehen, waren Reaktionen in allen Facetten vorhanden.
Die Ausbilder hielten sich soweit zurück und unterstützten nur, wenn es gewünscht wurde. Das, was nun aber vielen im Kopf herum ging, wurde ihnen nicht beantwortet. -
Tag 29 - 16:25 Uhr - Gelände der Akademie – Zwischen den Felsen im Norden
Hagen atmete tief und langsam während sich die Bilder in seinem Kopf formten. Er saß mit Blick auf das Meer oben auf der Klippe, auf der Haru ihn abgesetzt hatte. In seinem Kopf sah er ebenfalls die Akademie, aber die Gesichter wirkten älter…Schülerinnen und Schüler rannten auf dem Platz beim Brunnen durcheinander, Sirenen heulten. Am Himmel tauchten irgendwelche Objekte auf, die sich nicht genau erkennen ließen. Scheinbar waren die Erinnerungen daran zu ungenau.
Von einem Augenblick zum anderen begann es zu regnen… Aber es war kein Regen. Es war die Masse, die da vom Himmel herab auf alle fiel!
Schreie gellten auf, als die Masse einfach dort haften blieb, wo sie auf den Körper traf. Und wie es Hagen bereits zu einem anderen Zeitpunkt gesehen hatte, breitete sich diese Masse auf den Körpern aus.
Das Prasseln vom Himmel wurde schlimmer, aber es wurden auch Gegenmaßnahmen getroffen. Kinetische Schilde hielten in einigen Bereichen die Masse auf, bevor sie auf Schüler treffen konnte. Dann sah Hagen sich selbst, wie er seine Pyrokinese einsetzte.
Am Himmel explodierten Dinge.
Das konnte er niemals alleine vollbracht haben!
Mehrere Schüler waren von der Masse umhüllt worden. Ihre Augen waren extrem weit aufgerissen, die Gesichter verzerrt. Von einem Moment auf den nächsten begannen sie andere anzugreifen. Wind, Eis und andere Kräfte wirkten plötzlich als feindliche Kräfte auf die übrigen Schülerinnen und Schüler ein.Inmitten des entstehenden Chaos endeten die Bilder. Hagen seufzte erleichtert, als deren Intensität ihn aus den Klauen ließ. Die andere Yuna musste furchtbares erlebt haben. Nur anhand der Bilder und Informationen, die Hagen jetzt zur Verfügung standen, ließ sich nicht festlegen, wie weit dieses Ereignis in der Zukunft lag. Offenbar war die andere Yuna irgendwie in der Zeit zurück gegangen, um alle vor dem Geschehen zu warnen.
Leider war das nur ein Bruchteil der Informationen gewesen, die sie Hagen mit Gewalt übermittelt hatte. Trotzdem war es genug, um sich wirklich Sorgen zu machen!Tag 29 - 17:25 Uhr - Gelände der Akademie – Zwischen den Felsen im Norden
Nachdem Hagen die Eindrücke einigermaßen verarbeitet hatte stand er langsam wieder auf und wandte sich der Tiefer stehenden Sonne zu. Seine Sinne nahmen die Umgebung in ihrer Gänze wahr und ließen ihn die Abwesenheit von technischen Geräuschen genießen.
Hagen war nach den Fragmenten von Informationen inzwischen sicher, dass die ruhigen Tage an dieser Akademie gezählt waren. Die Mächte im Hintergrund würden ihre Züge nicht mehr lange hinauszögern, das war ihm nach seinen Erfahrungen nur zu bewusst.
Genau wie hier auf der Insel waren da draußen viele Personen, die erst einmal ihre Bedürfnisse betrachteten und entsprechend handelten.
Automatisch begannen die Narben auf seinem Rücken zu jucken, als er an die Behörden dachte, die sich seiner vorher schon bedient hatten. Hagen bezweifelte, dass diese Gruppierungen sich aus den Geschehnissen heraushalten würden.
Nach dem Vorfall mit Lena Kurnikowa war eher zu erwarten, dass noch weitere Schülerinnen und Schüler irgendwie manipuliert sein könnten. -
Tag 29 - 18:03 Uhr - Gelände der Akademie – Im Speisesaal
Samirall war sauer. Nach seinem Ausbruch hat man nur versucht ihn zu beruhigen und zu beschwichtigen. "Das wäre interner Natur und es hätte nichts mit der aktuellen Situation zu tun."
Er hatte es noch geschafft sich von der kleinen Gruppe zu verabschieden, die ihn im Pentagramm begleitet hatte. Samirall wollte alleine sein, um die Geschehnisse noch einmal zu verarbeiten.
Er lief eher ziellos auf der Insel hin und her und fand sich dann im Speisesaal wieder. Sein Teller war nicht wirklich gefüllt. Sein nicht enden wollender Appetit war gerade nicht bei ihm. Er löffelte lustlos in einer Suppe. Den Inhalt kannte er nicht. Es war ihm auch egal. Schmecken konnte er momentan eh nichts. Die Bewegungen verliefen automatisch in ewiger Wiederholung.
Es waren nicht viele Schüler im Speisesaal. Es wunderte Samirall auch nicht wirklich. Nach so einer Show brauchten einige mehr Zeit, um sich wieder an einen normalen Alltag zu gewöhnen, sollte es denn jemals wieder so etwas geben.
Samiralls Blick suchte bekannte Gesichter. Vor allem Hagens Gesicht suchte er verzweifelt in der kleinen Menge.Er hatte ihn seit der Pentagrammverbindung nicht mehr gesehen. Bei den verzweifelten Schülern draußen war er ebenfalls nicht und in der Kuppel auch nicht. Sein neuer Meister war Samirall schon von Anfang an ein Rätsel gewesen. Woher er soviel von der bevorstehenden Gefahr wusste hatte er ihm immer noch nicht erzählt. Es zu forcieren hatte Samirall aber auch schon aufgegeben.
"Wer die Gedanken seines Gegenübers lesen konnte wie ein offenes Buch wird nicht auf meine offenen Fragen antworten." -
Tag 29 - 18:25 Uhr - Gelände der Akademie
An diesem Abend waren viele der Schülerinnen und Schüler nicht an den Freizeitmöglichkeiten der Insel interessiert. Auch die neuen Hologrammanzeigen über den Dächern des Verwaltungs- und des Schulgebäudes waren nicht mehr interessant.
Zum ersten Male waren viele mit der Endlichkeit des Seins konfrontiert worden, von dem sie sozusagen einen Vorgeschmack erhalten hatten. Das förderte kaum den Appetit, so dass auch der Speisesaal nur spärlich besucht wurde.Valentina Amasowa hatte sich die Auswertungen der Übung angesehen, denn jeder der speziellen Trainingsanzüge hatte während der ganzen Zeit die Reaktionen ihrer Träger aufgezeichnet. Damit standen gewaltige Datenmengen zur Verfügung!Wie zu erwarten gewesen war, hatten die meisten Schülerinnen und Schüler keine Ahnung von Kampfeinsätzen. Diejenigen unter ihnen, die aus persönlichen Gründen doch eine Ahnung davon hatten, waren meist Individualisten, die keine Koordinierung mit anderen vorgenommen hatten.
Metro hatte sich zwar mit Ptolemäus verbunden, aber die beiden waren nur zwei und damit noch lange kein Pentagramm. Obwohl Metro vom Potential her durchaus imstande sein sollte ein Pentagramm aufzubauen, wurde er wohl von seiner eigenen Erfahrung blockiert.
Er verließ sich nicht auf andere! Schlimmer noch, er hatte sich und Ptolemäus verausgabt und damit im Einsatz ihren Tod verschuldet. Dabei waren noch andere Schüler zu Beginn in ihrer direkten Umgebung gewesen.
"Wirklich schade", murmelte Valentina. Metro neigte zur Geheimniskrämerei, was wohl von seiner Familie verschuldet wurde. Aber besonders sein Unvermögen, sich mit anderen einzulassen, warf ihm hier nun gewaltige Felsbrocken in den Weg.Bei Samirall Satoshi war sie überrascht gewesen, dass dieser ohne jeden Ansatz ein Pentagramm hatte aufbauen können. Scheinbar hatte er in den letzten Tagen einige Fortschritte gemacht und seine Kräfte endlich auch akzeptiert.
Aber am Meisten hatte sie die Größe des Pentagrammes überrascht, dass Ookami gebildet hatte. Dieser Junge hatte zwar nicht freiwillig diese Insel aufgesucht, aber er wusste eine Menge mehr über die Hintergründe. Das lag vor allem in seiner Vergangenheit geschuldet, in der man sich seiner Fähigkeiten bedient hatte. Obwohl er weder mit Begeisterung noch freiwillig an all dem teilnahm, so war ihm bewusst, was am Ende auf sie warten würde!
Valentina lehnte sich zurück und hoffte, dass man ihr hier noch etwas Zeit ließ...Das Kasumi Akimoto vom Arzt für den Einsatz in Ryus Psyche freigegeben worden war, hatte sie zwar nicht überrascht, aber doch etwas verwundert. Normalerweise ließ Dr. van Hooten nicht so schnell von Patienten ab, besonders wenn diese gerade erst aus einem Koma erwacht waren. Aber er hatte keine Einwände erhoben, solange man ihr die Nacht noch Ruhe ließ.
Nach Sonnenuntergang hatten sich die Schülerinnen und Schüler in kleinen Kreisen zusammen gefunden und über die Übung weiter diskutiert. Am Schlimmsten empfanden viele, dass man förmlich spüren konnte, dass ihnen nicht die Wahrheit über die Hintergründe erzählt wurden.
Die Zweifel und die Aufregung begleiteten viele auch in den Schlaf, so dass sich ein geruhsamer Schlaf nicht einstellen wollte. Alpträume plagten nicht gerade wenige, wenn sie denn überhaupt einschlafen konnten. So war es auch kein Wunder, dass am nächsten Morgen der Speisesaal bereits um sieben Uhr sehr voll war.Tag 30 - 07:01 Uhr - Gelände der Akademie - Speisesaal
In dem bereits gut gefüllten Speisesaal konzentrierten sich die Schülerinnen und Schüler auf das, was sie sich auf die Tabletts gepackt hatten. Es waren kaum Gespräche zu hören. Nach dem gestrigen Abend hatte man einfach nichts mehr zu den Vorkommnissen zu sagen, sondern jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Marcella Cardellini balancierte mit ihrem Tablett an den bereits vollen Tischen vorbei und setzte sich zu Rena Murasaki und Tabetha. Die beiden nickten ihr nur kurz zu. Marcella nickte, nachdem sie Platz genommen hatte, auch den übrigen am Tisch zu. Die Gruppe hatte sich so gesetzt, dass an diesem Tisch kein Platz mehr frei war.
Nur achtete eigentlich niemand darauf... -
Tag 29 - 16:25 Uhr - Gelände der Akademie
Ryu und Fumiko hatten nach dem Gespräch zusammen das Gebäude verlassen. Schweigend gingen sie nebeneinander. Ryu hatte ein mulmiges Gefühl. Er wusste selbst ja nicht mehr viel über seine Vergangenheit und jetzt musste er es noch 2 weiteren Personen offenbaren? Geschweige denn was passieren würde, wenn die Mission fehlschlägt? Er überlegte ob es wirklich so eine gute Idee war.
"Ryu?"
"Hmm?"
"Ich spüre deine innere Unruhe."
"Sollte mich das interessieren?"
Mitten im Schritt blieb sie stehen. Ryu war noch einige Schritte gegangen, blieb dann jedoch ebenfalls stehen. Er drehte sich zu Fumiko. Ihre Haare wurden von einem leichten Luftzug zur Seite geweht und ihr Blick schien etwas weicher als sonst. Sie sah so viel süßer dachte sich Ryu, doch verwarf er den Gedanken schnell.
"Du solltest dir nicht zu große Sorgen machen. Wir werden das schon hinkriegen und dich befreien."
Ryu drehte sich wieder um und ging dann weiter.
"Wie du meinst..."
Sie blieb noch eine Weile stehen und schaute ihm nach. Auch wenn er es zu verbergen versuchte, spürte sie das es ihm wichtig war, das sie so dachte.Tag 29 - 18:20 Uhr - Gelände der Akademie - Ryus Zimmer
Nachdem Ryu sich von ihr getrennt hatte, war nicht mehr viel passiert. Er hatte noch mitbekommen, das am morgigen Tag, alles wie geplant stattfinden würde. Kazumi hatte sogar ohne lange zu überlegen zugesagt.
Mit einem Seufzen ließ er sich aufs Bett fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Alles was heute passiert war lies er Revue passieren. Teilweise war es doch recht seltsam. Gerade die Personen, deren Freund und deren Bruder von "IHM" getötet wurde, wollten ihm helfen. Er war nie freundlich zu ihnen gewesen oder hatte sie als Menschen gesehen. Für ihn waren es alle doch nur "PSI-Freak's"! Aber letztendlich... Er war schließlich selbst einer. Es war wohl das erste mal, in der ganzen Zeit auf dieser Insel, das er sich dies selbst ein gestand.
Er sprang von seinem Bett auf und ging zum Schrank. Nachdem er ihn öffnete sah er sofort den Anzug, den die meisten Schüler hier trugen. Er griff in eine Fach daneben und holte einen Sportanzug raus. Aus einem anderen Fach holte er Gewichte, die man sich an die Gelenke binden konnten. Sie waren etwas schwerer als gewöhnliche Gewichte. Dann zog er sich um, legte die Gewichte an und verließ sein Zimmer. Er rannte einige Runden um die Insel, das würde ihm zumindest etwas Ruhe geben.
Nach dem ereignislosen laufen duschte er noch schnell und legte sich dann ins Bett. Schnell schlief er ein und hatte glücklicherweise mal einen Traumlosen Schlaf. Er würde die Ruhe wohl brauchen. Morgen war ein wichtiger Tag.
Tag 30 - 07:00 Uhr - Speisesaal
Als Ryu den Speisesaal betrat, schaute er sich um, ob er Kazumi oder Fumiko sehen würde, doch war niemand von beiden da. Allgemein war der Speisesaal schon ziemlich gefüllt. Warum wusste er nicht. Es interessierte ihn aber auch nicht. Er suchte sowieso seine Ruhe. Als er sich das Essen holte, erntete er dennoch einige Blicke von Schülern. Manche tuschelten andere versuchten wegzuschauen. Was er getan hatte saß bei einigen noch tief. War es Angst? Oder war es Hass? Er setzte sich an einen der Tische und versuchte die Blicke zu ignorieren. Sein Frühstück brauchte er jetzt.
Tag 30 - 07:00 Uhr - Wohnräume
Fumiko hatte kaum geschlafen, doch war das nichts neues für sie. Sie hatte sich einige Bücher besorgt, um sich auf den heutigen Tag vorzubereiten, doch leider hatte sie nicht viele Informationen bekommen. Es schien als wäre der Fall "Ryu" ein Einzelfall. Zumindest in der Zeit, wo diese Bücher verfasst wurden. Vielleicht hatte sie aber auch nur die falschen Bücher? Sie stand vom Stuhl ihre Schreibtisches auf und ging ans Fenster. Sie setzte sich auf die Fensterbank, atmete tief durch und trank dann einen Schluck Kaffee. Warum machte sie sich eigentlich so große Sorgen um einen Jungen der ihren Bruder auf dem Gewissen hatte? Das fragte sie sich immer und immer wieder, doch fand sie darauf keine Antwort.
-
Tag 30 - 07:01 Uhr - Gelände der Akademie - Büro der Direktorin
Valentina hatte die Nacht nur wenig geschlafen und schon sehr früh ihre Arbeiten wieder aufgenommen. Die neuen Trainingspläne hatte sie bereits komplett fertig gestellt und ebenfalls schon die Vorbereitungen für die Reise in Ryus Unterbewusstsein abgeschlossen.
Dr. van Hooten bereitete die entsprechenden Räumlichkeiten vor und die beiden Lehrer kümmerten sich um das Briefing, bevor die eigentliche Aktion stattfinden würde.
Ihr war das Risiko bewusst, dass bei einer Fremdinsertion in das Unterbewusstsein einer Person zwangsläufig auftrat, aber daran ließ sich nichts ändern. Tatsächlich war es die einzige Möglichkeit, um Ryus Misere zu lösen!
Nachdem er wohl endlich begriffen hatte, dass er ebenfalls ein PSI-Freak war, wie er die anderen gerne bezeichnete, schien Ryu den Möglichkeiten gegenüber aufgeschlossener. Zu dieser Erkenntnis hatte er sehr lange gebraucht, aber trotzdem hatte Valentina ihn nicht gezwungen.
Nun würde sich zeigen, welches der beiden Ichs in seinem Körper das Stärkere war.Besser wäre es gewesen, wenn er etwas mehr Vertrauen in andere haben würde, aber dass er die beiden Mädchen akzeptiert hatte, gab eine erhebliche Verbesserung zu seinem üblichen Verhalten ab.
Sie sandte die neuen Trainingspläne auf Rikas Station, damit diese sie gleich in die Hologrammanzeigen eingeben konnte. Natürlich würden die Schülerinnen und Schüler nach dem gestrigen Erlebnis nicht besonders willig sein, aber für eine behutsame Herangehensweise war nicht mehr genug Zeit!
Ein Blick auf die leere Mappe, in der sich sonst die Statusmeldungen der einzelnen Organisationsgruppen befanden, sagte in diesem Fall mehr als genug aus. -
Tag 30 - 07:01 Uhr - Gelände der Akademie - Speisesaal
Samiralls Suche gestern war vergebens gewesen. Er aß sein Mahl und verbrachte die restliche Zeit damit in seinem Zimmer zu meditieren. Seine Gedanken waren dabei ein einziges Chaos. Klare Gedanken wurden prompt durch neue Eindrücke der anderen Personen unterbrochen. Informationen die nicht für ihn bestimmt waren, suchten sich in seinen Gedanken eine Nische und kamen nur heraus um ihn zu quälen.
Weiter darüber nachzudenken erschien Samirall zu schwer, er hatte aber keine andere Möglichkeit. Auch er erkannte das Potential an solch einer Verbindung. Er hatte sich zu dieser Zeit übermächtig gefühlt. Seine Gaben waren stärker ausgeprägt gewesen als jemals zuvor. Es war wie ein kleiner Blick in die Zukunft der ihm verriet, was es mit seinen Kräften auf sich hat und wie sehr er diese Sicht in Zukunft brauchen würde.
Er hoffte auf weitere Trainingsstunden mit Hagen, doch dieser schien auch weiterhin wie vom Erdboden verschluckt.
Für Samirall fühlte sich der Gedankenkreisel an wie fünf Minuten intensives Denken, doch tatsächlich hatte er die ganze Nacht damit zugebracht sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
Er wurde durch sein Magenknurren aus diesen herausgerissen. Vögelzwitschern und das Licht des Tages drangen an Ohren und Augen und auch die Luft fühlte sich irgendwie frischer an.
"Ein neuer Morgen..." schloss Samirall die kurze Nacht ab. Er machte sich fertig und begab sich in den Speisesaal.Dieser war, im Vergleich zu gestern gut gefüllt. Eine lange Schlange war vor der Essensausgabe. Der Lärmpegel des Saales war jedoch nicht so wie er ihn sonst immer vernahm, wenn er ihn betrat. Kaum jemand redete miteinander. Die Wenigen die es taten, tuschelten miteinander. Nur das Klimpern weniger Bestecke und das gelegentliche Stühlerücken waren präsent.
Samirall selbst konnte solche depressive Stimmung gerade gar nicht gebrauchen. Er teilte sein Gefühl von bitterem Sieg mit den anderen Schülern. Das Vertrauen in die Schule war gestört und eine warme Mahlzeit wird daran auch nichts ändern. Die Tatsache das sein Magen es anders sah, überzeugte Samirall jedoch sich an die langsam werdende Schlange zu stellen und seinem System neue Energie einzuflößen.
-
Zeitgleich an einem anderen Ort auf der Nordhalbkugel...
"Wir haben jetzt zumindest alle noch verbliebenen Sammelteams zurückrufen können", begann eine der gesichtslosen Stimmen. "Damit haben wir vorerst alle Bemühungen um neue Aspiranten eingestellt. Nach den letzten Informationen wurden tatsächlich alle festen Sammelcamps ausgehoben. Die Situation ist ernst, meine Damen und Herren!"
Der Versammlungsort war diesmal bis auf den letzten Platz gefüllt, was ein deutliches Zeichen für das gehobene Interesse darstellte.
"Welche Informationen gibt es von Abunai?"
"Hier wurden massive Maßnahmen eingeleitet, um unsere Informationsströme zu beschneiden. Wir befürchten, dass die Direktorin ihre eigenen Schlüsse gezogen hat!"
"Die Loyalität der Ausbilder zu dieser Person ist ein echter Problempunkt. Wir werden wohl etwas nachhaltiger auf die Strukturen einwirken müssen!"
Im weiteren wurde von den Anwesenden eine Einsatzplanung zusammengestellt, die eine Beeinflussung in ihrem Sinne sicher stellen würde. -
Tag 30 - 08:00 Uhr - Gelände der Akademie
Nachdem er sein Frühstück beendet hatte, entschied er sich noch etwas mit Sport die Zeit zu vertreiben. Es war ja noch etwas Zeit. Der Weg zu seinem Zimmer verlief Ereignislos. Er traf nur auf ein paar Schüler, die über das Gelände flitzten. Sie hatten wohl die Befürchtung zu spät zu kommen. 'Gut das ich noch nicht diese Probleme habe' dachte er so bei sich. Ob Fumiko, nur für diesen Tag, auch nicht zum Unterricht musste? 'Warum interessiert mich das überhaupt?'
Als er sein Zimmer erreicht hatte, ging er ohne Umschweife zum Schrank. Schnell hatte er seinen Sportanzug angezogen und die Gewichte angelegt. Er verließ das Haus wieder und lief ein paar Runden um die Insel.
Tag 30 - 08:45 Uhr - Gelände der Akademie
Nach ein paar Runden blieb er an einer Klippe stehen, dehnte sich ausgiebig und schaute dann aufs Meer. Dieser Anblick beruhigte sein Gemüt des öfteren. Die Seemöwen kreischten und die Wellen klatschen gegen die Felsen. Für einen kurzen Moment fühlte er sich wohl. Seine Dunkle Seite war ruhig geblieben. Vielleicht bereitete auch sie sich auf das kommende vor. Mit Überraschungsangriff war wohl nichts. Er gab es zwar nicht gerne zu, aber innerlich freute er sich das er hier war. Hier schien es Leute zu geben die ihn mochten, wie absurd dies auch klang. Nach gefühlten 5 Minuten drehte er sich um und lief dann weiter zum Haus der Direktorin.
-
Tag 30 - 10:10 Uhr - Gelände der Akademie - Krankenhaus
Sean Cuttlass und Senri Tsukamoto hatten mit Doktor van Hooten die notwendigen Einzelheiten für die Individuum-Trauma-Insertion durchgesprochen und hatten den Raum vorbereitet. Die etwas seltsam anmutenden verstellbaren Liegen sahen mit den vielen Kabeln eher wie eine Folterarmatur aus, als wie ein medizinisches Hilfsmittel. Die ganzen Sondenanschlüsse waren ja auch noch nicht verkabelt.
Jeder einzelne, der an der IT-Insertion teilnahm, würde in nicht einmal einer halben Stunde komplett verkabelt auf diesen Liegen festgeschnallt sein. Die Körperfunktionen jedes einzelnen wurden auf das Genaueste überwacht. Doktor van Hooten hatte auch eine Art von Notunterbrecher konstruiert, weswegen es etwas später als geplant war.
Über die holographischen Schrifttafeln waren die übrigen Teilnehmer zum Krankenhaus gerufen worden.Ein letzter medizinischer Check hatte die Gesundheit jedes einzelnen bestätigt. Sean und Senry betraten den kleinen Raum, in dem sich nun alle für die Einsatzbesprechung eingefunden hatten.
"Wir haben nun alles soweit vorbereitet. Sie alle sind noch einmal untersucht worden und für einsatzbereit erklärt", begann Sean nach einem kurzen Nicken in die Runde. "Bevor wir nun mit der eigentlichen Besprechung beginnen, möchte ich jedem Einzelnen hier noch einmal die Gelegenheit geben, von der Mission zurück zu treten. Was wir im Begriff sind durchzuführen, ist ein gewaltsamer Einstieg in das Unterbewusstsein! Und wir wissen, dass dort ein anderes Selbst von ausgesuchter Bösartigkeit auf uns wartet..."
"Was mein geschätzter Kollege so wortgewaltig ausdrücken möchte ist, dass sie nun eine letzte Gelegenheit haben, die Finger davon zu lassen!" warf Senry mit einem entspannten Grinsen ein.
Die beiden Lehrer blickten auffordernd in die Runde... -
Tag 30 - 10:10 Uhr - Gelände der Akademie - Krankenhaus
Ryu war mehr als nur bereit diesen Schritt zu gehen. Er wollte dieses verdammte Böse in ihm endlich loswerden. Auch Fumiko schien nichts dazu zu sagen zu haben. Kazumi hatte sofort zugesagt und dementsprechend auch keine Einwände.
"Kann man denn grob abschätzen, was uns erwarten wird?"
"Ja kann man...ein verdammt übellauniger Ryu, mit einem noch schlimmeren Charakter als dem meinen, wartet darauf uns liebend gerne zu frittieren."
Fumiko schüttelte genervt den Kopf.
"Es wäre schön wenn du deine dummen Bemerkungen lassen könntest. Das war überflüssig und kindisch."
Ryu ballte die Faust und wollte gerade etwas sagen als auch Kazumi sich einmischte.
"Leider muss ich ihr vollkommen recht geben Ryu..."
Er ließ den Kopf etwas sinken und ein paar Worte schossen ihm durch den Kopf. 'Auch du Brutus?'
"Was auch immer...könnten wir endlich beginnen, damit ich es diesem Bastard endlich zeigen kann?"
"Nachdem wir das beendet haben wieder zu meiner Frage bitte. Und was mich auch interessieren würde...welche Möglichkeiten haben wir, wenn wir dort sind."
'Tze blöde Ziege...' dachte sich Ryu noch, bevor er auf die Antwort wartete. -
Tag 30 - 10:10 Uhr - Gelände der Akademie - Krankenhaus
Sean Cuttlass nickte langsam.
"Bemerkenswert finde ich, dass ihnen nicht aufgefallen ist, dass wir keineswegs verbal mit ihnen kommunizieren!" Er deutete kurz auf seinen Mund und brachte so den Schülern vor sich in Erinnerung, dass er nicht sprach. Trotzdem vernahmen ihn alle Anwesenden so als ob er laut gesprochen hätte.
"Diesen Eindruck können sie als Grundlage für den bevorstehenden Ausflug in das Unterbewusstsein dieses jungen Mannes ansehen. Wir bewegen uns nicht wirklich, sondern nur mit Hilfe einer geistigen Projektion des eigenen Selbst. Dabei werden sie feststellen, dass diese Projektion nicht unbedingt ihrem tatsächlichen Äußeren entsprechen muss. Wie schon beim gesprochenen Wort, nehmen wir uns selbst im Inneren anders wahr. Und bei einer geistigen Projektion wird dieses veränderte Selbst dann auch für andere sichtbar!"
Senri Tsukamoto grinste ein jungenhaftes Lächeln.
"Um ihnen allen einen Eindruck von der veränderten Wahrnehmung zu geben, haben wir beide nicht verbal mit ihnen gesprochen. Trotzdem habe ich ihnen den Eindruck vermittelt, dass wir es tun würden. Im Unterbewusstsein von Ryu-san wird es ähnlich zugehen. Der Geist projiziert die Umgebung. Wir können also nicht einschätzen, was man uns sehen lassen wird. Da der andere Ryu nicht unbedingt freundlich sein wird, erwarten sie lieber eine eher unerfreuliche Umgebung. Sowas wie eine Trümmerlandschaft, ein Kriegsgebiet oder auch nur ein trostloser Sumpf wäre alles möglich.""Ihnen muss immer klar sein, dass alles nicht wirklich ist! So sehr man ihnen Schmerzen zufügen wird, oder so angenehm es erscheinen mag, es ist alles nur eine Projektion! Wir befinden uns im Unterbewusstsein, da muss noch nicht einmal alles verständlich sein, was wir zu sehen bekommen. Genau das macht diese Art des Eindringens in einen anderen Geist so gefährlich! Wir können keine klaren Vorgaben machen, was sie nun tatsächlich dort drinnen erwartet...", Sean deutete auf Ryus Stirn. "...deshalb müssen sie auf alles gefasst sein. Das wir zwei Seiten eines Selbst dort haben, von der eine Seite uns begleiten wird, macht es auch nicht wirklich einfacher. Denn wir werden möglicherweise nicht zwischen ihnen unterscheiden können."
"Nichts, was sie bislang erlebt haben, wird sich mit dem vergleichen lassen, was wir nun vor uns haben. Und es besteht eine tatsächliche Gefahr! Wenn sie glauben, dass sie sterben, könnte ihr Körper tatsächlich sterben. Also halten sie sich auch das immer vor Augen!" knüpfte Senri nahtlos an.
"Wir werden für sie nicht sichtbar sein, da wir nur als Begleiter fungieren. Unsere Aufgabe ist es, sie mental stabil zu halten, während sie sich mit der bösen Seite auseinander setzen. Und die tatsächliche Arbeit liegt bei Ryu-san selbst. Nur er kann sich selbst als Ganzes akzeptieren! Sie helfen ihm dabei, den Bruch in seinem Selbst zu finden und sich dann als ganzes zu akzeptieren. Sollten die Seiten sich nicht verschmelzen lassen, wird jede versuchen, die andere zu vernichten. Ob daraus am Ende noch ein denkendes Wesen hervor geht, ist sehr zweifelhaft.""Wir werden uns nun in den Einsatzraum begeben und uns an die Liegen anschließen lassen. Nachdem man uns dann miteinander verbunden hat, werden wir uns in einem neutralen Raum, den wir gerne das "Vorzimmer" nennnen, treffen. Dies ist dann bereits eine virtuelle Umgebung in der wir die letzten Vorbereitungen treffen werden. Danach werden sie sich direkt in Ryu-sans Kopf wiederfinden!" schloss Sean die Einweisung ab und machte eine einladende Geste auf die Tür.
-
Mit einem Nicken bestätigten alle 3. Etwas verwundert waren sie schon, denn alle waren sich sicher das sich die Lippen bewegt hatten. Es war schon ein wenig erstaunlich. Ryu hatte schon eine grobe Ahnung wie es in seinem Kopf wohl aussehen würde, aber ob die beiden Mädchen wirklich damit klarkommen würden? Sie begaben sich alle in das Zimmer und legten sich auf die liegen. Schon nach kurzer Zeit waren sie verkabelt.
"Und nu? Hypnose?"
Doch schon nach kurzer Zeit wurden alle schläfrig.Als Ryu die Augen öffnete stand er in einem Raum. Mit ihm waren die beiden Lehrer, sowie auch die beiden Mädchen hier. Dann konnte es nun ja losgehen. Doch ein leichter Schwindel überkam ihn. Sein Kopf musste sich erst an diese Situation gewöhnen. Den Mädchen schien es, wohl durch die Ausbildung ihrer Fähigkeiten, durchaus leichter zu fallen. Hoffentlich würde er bald besser damit klar kommen.
"Kann's losgehen? Ich will hier nicht ewig rumlungern."
Fumiko schien ihn zu ignoriern. Kazumi machte sich Sorgen. Sie sah das es ihm gut ging doch lehnte er ihre Hilfe immer wieder ab.
"Was würde passieren wenn wir getrennt werden?"
Fumiko war wieder nur an Fakten interessiert. Sie schien mehr zu denken als zu fühlen. Zumindest war das Ryu's Eindruck.