[Geschichte] Abunai-Akademie - Buch 2 "Dunkle Wolken"

    • Offizieller Beitrag

    Ryu zuckte hoch, als die Wirkung der Aufputschmittel ihm wieder Zugriff auf seinen Körper gestattete. Hatte er nicht gerade eben noch auf einer Wiese gestanden und wollte sich mit Metro einen Kampf liefern? Er zwang seine Augen auf und erfasste die Umgebung in der er sich jetzt befand. Das Ganze erinnerte ihn mehr an einen Laborbereich.
    Um ihn herum standen noch jede Menge dieser Geräte, wie das, auf der er selbst gerade saß. Auf den anderen nassen Plattformen lag jeweils ein Schüler, der die gleiche Kleidung wie auch er trug. Über ihm schwebte eine durchsichtige Röhre, die nach oben verschlossen war und in der er verschiedene Schläuche und Drähte erkennen konnte.
    Ryu versuchte seinen Blick zu klären, da immer noch etwas von der Flüssigkeit von ihm abtropfte. Der Einfachheit halber aktivierte er einen Bruchteil seiner Fähigkeit und ließ die Hitze den Rest der Flüssigkeit verdunsten, so dass er endlich klar sehen konnte.
    Dabei fiel ihm auf, dass die Aktivierung seiner Kräfte bedeutend mehr Konzentration benötigte, als es normalerweise notwendig war. Hatte man ihn unter Drogen gesetzt?
    Die Kopfschmerzen, die normalerweise mit dem Einsatz der Suppressordroge einher gingen, verspürte er nicht, aber sein Denken war irgendwie in Watte gehüllt. Der warme Strom, den das Aufputschmittel in jeden Winkel seines Körpers trug, ließ diese Watte bereits verblassen. Ryu blickte sich um, wer sich in seiner Nähe befand.
    Dabei gelangten andere Geräusche in sein Bewusstsein, die von außerhalb dieser Halle kamen. Dort wurde scheinbar gekämpft. Kaum hatte er die Geräusche identifiziert, als Adrenalin seinen Körper endgültig aufweckte.

    Rena Murasaki setzte sich auf dem noch feuchten Untergrund ruckartig auf. Ihre nassen Haare klatschten ihr dabei ins Gesicht, so dass sie sich ihr Handtuch unbewusst herbei holte und sich damit abzutrocknen begann. In ihrem Kopf herrschte eine merkwürdige Leere, dabei war sie doch gerade eben noch beim Essen gewesen. Während sie sich die Haare noch trocken rubbelte, schaute sie sich etwas um.
    Diesen großen Raum kannte sie nicht. Trotz der schwerfälligen Gedanken war ihr das sofort klar. Es kam ihr auch nicht so vor, als würde sie aus einem Schlaf erwachen. Es fühlte sich mehr so an als wäre sie in einer kalten Nebelwand gewesen und würde jetzt von warmen Sonnenstrahlen gebadet.

    Samirall Satoshi wirbelte nach dem ersten Zucken seines Körpers herum und stand neben der Plattform noch ehe er richtig wach geworden war. Statt seiner gewohnten Kleidung steckte er in einem enganliegenden Anzug. Seine Reflexe waren nicht wie gewohnt und auch seine Wind-Fähigkeit benötigte nach dem ganzen Training wieder mehr Konzentration. Samirall wunderte sich über dieses schon fast taube Gefühl in seinem Körper, während die Luft um ihn herum zu einem warmen Luftzug wurde, der alle Feuchtigkeit abtrocknen ließ.
    Wo ist mein Schwert? Er hatte es doch gerade noch beim Essen bei sich gehabt. Aber das hier war auch nicht der Speisesaal. Diese Plattformen mit den durchsichtigen Röhren darüber schienen eher so etwas wie Zylinder zu bilden, in denen sie sich offensichtlich wohl befunden hatten.
    Obwohl er doch gerade beim Essen gewesen war, befand er sich nun an diesem Ort. Außerdem fiel ihm die Szenerie der versammelten Schülerinnen und Schüler ein, bei der gerade ein Kampf starten sollte.
    Samirall war verwirrt. Hier stimmten so viele Dinge nicht. Während sich um ihn herum immer mehr Personen bewegten, vernahm auch er die Geräusche von außerhalb der Halle.

    • Offizieller Beitrag

    Valentina Amasowa setzte sich in ihrer Zelle auf, als die ersten Geräusche von den ausgebrochenen Kämpfen zu ihr durchdrangen. Obwohl sie mit einer Invasion durch Gruppen der Geheimdienste gerechnet hatte, waren diese erfolgreich gewesen. Ihr gegenüber hatte niemand etwas von Helfern auf der Insel erwähnt, aber die Aktion war sehr gut geplant.
    Offenbar hatte man mit dem Abwurf einer speziellen Schlafdroge die gesamte Insel binnen Sekunden flachgelegt, noch bevor die mit Truppen besetzten Flugzeuge in Reichweite der Türme gekommen waren.
    Dass die Einigkeit bei den Geheimdiensten nicht mehr so stabil war, hatte sich schon lange gezeigt. Aber das sich einige Gruppen intern gegen die Allgemeinheit verschworen hatte und ihre Aktion gegen jede Entdeckung mit äußerster Härte verhinderten, war nach dem Abschuss des Flugzeuges deutlich geworden. Valentina hatte bei all dieser Umtriebigkeit bereits vermutet, dass jemand oder etwas im Hintergrund an der Stellschraube der emotionalen Wahrnehmung drehte. Nur hätten die Organisationen eigentlich wissen müssen, zu was die Gegenseite imstande war.
    Dem Kampflärm, der sich jetzt von weiter oben vernehmen ließ, nach waren die Besatzer bereits von der GLA unterwandert worden.
    Ihre Wahrnehmung klärte sich zusehends, was darauf schließen ließ, dass jemand die Notfallschaltung aktiviert hatte, die sie im letzten Moment durchgesetzt hatte. Zwar wäre ihr damals nicht in den Sinn gekommen, dass sie selbst einmal davon profitieren würde, aber sie wollte sich bestimmt nicht beschweren.
    Das Aufputschmittel, was statt der Betäubungsmittel jetzt in den Körper geleitet wurde, war eine spezielle Entwicklung, die sie hier auf der Insel gemacht hatten. Einige Wirkstoffe waren direkt auf die Bereiche des Gehirns ausgerichtet, in denen die PSI-Fähigkeiten angesiedelt waren. Das Mittel würde sie binnen weniger Augenblicke einsatzbereit machen, was der Situation mehr als angemessen war. Mit der GLA direkt in der Anlage würden sie nur noch mit Pentagrammen bestehen!

    Mai Tsukamoto schniefte, als ihr etwas Flüssiges fast in die Nase lief. Hatte sie beim Essen etwa gekleckert? Ihre Augen öffneten sich und zeigten ihr eine vollkommen andere Umgebung, als sie gerade noch wahrgenommen hatte. Ihre Augenbrauen wellten sich als äußeres Zeichen ihrer Verwirrung. Der Untergrund, auf dem sie lag war noch ziemlich feucht, da die Flüssigkeit wohl gerade erst abgelaufen war. Sie hob ruckartig ihren Kopf, so dass Strähnen ihres Nassen Haares in ihr Gesicht klatschten. Mit einem missmutigen laut strich sie diese zur Seite und setzte sich auf.
    Hatte man sie in eine Fabrik geschafft? Das ganze Drumherum hier sah mehr nach so etwas aus. Aber eine solche Anlage hatten sie doch gar nicht auf der Insel!

    Haruka Takahashi hatte das komische Gefühl aus einer Art Wachtraum zu erwachen und setzte sich beunruhigt auf. Die Eindrücke vom Mittagessen verblassten in ihrem Kopf wie Nebelschwaden im Sonnenlicht. Ihre Beine schwenkten fast schon automatisch von der kleinen Plattform, auf der sie sich gerade befand. Da sie gerne mal etwas länger schlief, waren einige Bewegungen in Fleisch und Blut übergegangen. So strich sie sich die Haare aus dem Gesicht während sie sich aufrichtete. Die eigenartigen Maschinen um sie herum hatten eine kühle medizinische Ausstrahlung. Direkt vor ihr auf der nächsten Plattform setzte sich gerade Mai auf und schaute sie mit einem verwirrten Ausdruck an. Links von Mai entdeckte Haru dann Mamoru Tamura, der nach ihrer schnell verblassenden Erinnerung gerade noch mit ihr und Mai bei Essen am Tisch gesessen hatte.
    „Was geht denn hier ab?“ murmelte Haru leise.
    Irgendwo in der Nähe kamen wummernde Laute in einer ziemlich schnellen Frequenz auf. Musik war das nicht. Sie drehte sich langsam in die Richtung, aus der diese Geräusche kamen. Ihre Gedanken kamen wie ein hochdrehender Motor auf Touren, was mit einem warmen Gefühl einherging. Sie erkannte die Geräusche als Schüsse aus automatischen Waffen. War das hier eine neue Simulation?

    • Offizieller Beitrag

    Hagen hielt sich noch immer in dem Abstellraum versteckt, da sein Körper bereits vor der Verabreichung des Aufputschmittels vom System getrennt worden war und selbst mit den Medikamenten fertig werden musste. Milani blieb dabei an seiner Seite, da es auf den Korridoren bedeutend lauter geworden war.
    Hagen hatte sich bei Sergeant Dombrowski gedanklich eingeklinkt, so dass dieser nicht nur eine Meldung absetzen konnte, sondern auch noch mit den meisten seiner Männer den Sprühern entkommen war. Die Ausrüstung der GLA hatte Hagen zuletzt auf dem U-Boot gesehen, wo man versucht hatte, dieses Zeug auf sie zu spritzen.
    Durch seine Meldung hatte der Sergeant dem Kontrollraum die nötigen Sekunden geliefert, um die Notschaltung zu aktivieren, die alle anderen Schülerinnen und Schüler aus den Tanks geholt hatte. Sobald diese einigermaßen beieinander waren würden sie sich in die Simulation zurückversetzt fühlen, die ihnen von der Direktorin verpasst worden war. Sie hatte offenbar ein Szenario wie dieses geahnt und den Schülern diesen Schock verpasst.
    Diesmal würde es nur keine Simulation sein!
    Hagen spürte die Gedanken der Schülerinnen und Schüler, die bei der letzten Verbindung zu einem Pentagramm dabei gewesen waren, sehr viel deutlicher als die der Übrigen. Die Ausbilder hatten von einem solchen Nebeneffekt nichts zu erzählen gewusst, aber die Größe eines Pentagramms, wie sie es kannten, war dabei überschritten worden.
    Haruka, Rena, Tabetha, Mamoru, Takashi, Kaori, Marcella und Mai waren für ihn wie kleine Leuchtfeuer zu erkennen, die heller strahlten als die Geister der anderen. Obwohl ihre Gruppe größer war, als jedes vorher gebildete Pentagramm, gab es eine stabile Verbindung zu allen acht. Durch die Medikamente waren bei allen die PSI-Kräfte in den letzten Tagen unterdrückt worden, so dass sie mit voller Stärke zur Verfügung standen.
    Hagen sah durch die Augen von anderen, dass sich die Einheiten der GLA an einen der Zugänge zur halle der Zylinder vorgearbeitet hatten. Noch während einer der gelüberzogenen Personen den Zugang geöffnet hatte, löste er die Pentagramm-Bildung aus. Durch seine geistige Verbindung zu Rena ließ er sich und Milani in die Halle zurückholen, während die anderen bereits in die Blase gezogen wurden. Mit Milani waren zehn Einzelpersonen in die Verbindung gezogen worden, deren Kraftwelle die Einheiten der GLA zurückschob.
    Obwohl die Halle ziemlich groß war, mussten sie die Sphäre klein halten, um nicht die übrigen zu gefährden. Der kurze Bruchteil eines Moments, in dem die Verwirrung der einzelnen noch anhielt, wurde von dem Informationsaustausch in der Verbindung schnell überwunden. Die von Hagen gesammelten Informationen standen allen anderen zur Verfügung, so dass sie im Bilde waren.

    Samirall sah das Aufflackern einer Sphäre, die sich kurz über dem Boden bildete. Einige der Schülerinnen und Schüler, die sich gerade erst auf den Plattformen aufgerichtet hatten, wurden von der Sphäre angezogen. Ihre Körper leuchteten in einem sanften Licht auf und schwebten dann zu der Sphäre. Diese hatte bei einem Mädchen angefangen, bei der Samirall dann Hagen und ein weiteres Mädchen auftauchen sah, bevor das Licht zu hell wurde.
    „Ein Pentagramm?“ wunderte er sich, als seine Aufmerksamkeit auf einen der Zugänge gelenkt wurde. Dort war gerade eine Tür geöffnet worden, hinter der er Gestalten erkennen konnte, die in eine Masse gehüllt waren, die ihn sofort wieder an die Übung erinnerte. Schlagartig wurde ihm klar, dass all die Übungen nur eine Vorbereitung auf die Wahrheit gewesen waren. Diese in eine gelartige Masse gehüllten Personen waren diesmal keine Projektionen oder Geistsphären. Diesmal traten sie ihnen im Hier und Jetzt gegenüber.

    • Offizieller Beitrag

    Noch während die übrigen Schüler die Situation, in der sie sich wiedergefunden hatten, verarbeiteten, bildete sich die Sphäre in einem Teil der Halle. Wie eine unwirkliche, von innen heraus leuchtende, Wolke entstand sie im breiten Mittelgang dicht bei den Zugängen. Einige von den Schülern sahen auch kurz die Gestalten, die sich scheinbar in die Halle drängen wollten. Doch noch bevor eine der schleimbedeckten Personen einen der Türrahmendurchqueren konnte, gingen von der Sphäre wellenartige Schübe aus, die alle wieder zurück trieben.
    Die Sphäre des Pentagramms stabilisierte sich und begann sich als Ganzes zu bewegen. Mit einem Durchmesser von über drei Metern kam sie dabei auch in Kontakt mit Gegenständen, die dabei einfach aufgelöst wurden.


    Einige Schüler, die in ihrer Verwirrung auf die Sphäre zu liefen, wurden von sehr viel sanfteren Schüben aus dem Bereich fern gehalten.Die leuchtende Oberfläche durchlief dabei verschiedene Farbtöne, während sich die Bewegung beschleunigte.
    Auf dem Korridor entstand ein undurchdringliches Gewühl,als die Nachstrebenden mit den aus der Halle Zurückgeworfenen zusammen stießen.
    Einige Personen warfen sich der Sphäre entgegen und lösten sich bei Kontakt mit ihr spurlos auf. Auch die Türen und die Wand verschwanden,als sie in Kontakt kam. Es gab dabei keine Geräusche und auch keine Rückstände.Der Übergang von gerade noch vorhandener Materie zu Nichts geschah übergangslos,so als ob die Materie den Aggregatzustand wechseln würde.
    Die lichte Höhe der Halle gestattete mit ihrer Decke noch die Sphäre, aber die Flure waren dafür zu niedrig, so dass ein weiteres Vorankommen die bauliche Struktur zerstören würde.


    Auf der anderen Seite der Halle mit den Behältern kam nun auch Bewegung auf, als aus der Richtung weitere GLA-Kräfte einzudringen versuchten. Samirall sah die bedeckten Gestalten und erkannte die Gefahr für die übrigen Schüler. In seinem Denken kam es wieder zu der unbewussten Verknüpfung, die er bereits bei dem gruseligen Szenario in der Simulationskuppel benutzt hatte.
    Die Schülerinnen und Schüler, die er schon einmal in einem Pentagramm verbunden hatte, reagierten auf den Auslöser und liefen zu Samirall, während dieser auf die andere Seite der Halle zustrebte. In der Bewegung begann auch die Verschmelzung und eine zweite Sphäre stellte sich den neuen Gegnern.


    Die Direktorin und die anderen eingesperrten Ausbilder hatten sich aus ihren Zellen befreit und bahnten sich ebenfalls ihren Weg.Dabei waren sie von der GLA wohl eher als sekundäre Bedrohung eingestuft worden, denn die Hauptmacht stürmte den entstandenen Pentagrammen entgegen.
    Da sich die Kämpfe in den Korridoren so gut wie gar nicht unter der Verwendung von Waffen abspielten, liefen sie erstaunlich leise ab.Ohne das Knattern von automatischen Waffen konnte man sich beinahe normal unterhalten.
    Die Gruppe arbeitete sich schnell in Richtung Oberfläche vor, da sich alle der Auswirkungen von Pentagrammen nur zu bewusst waren. Wenn sie unterwegs versprengte Gruppen der ursprünglichen Besetzer fanden, so schlossen sich diese ohne Zögern an. Die Grundlage der Besetzung war mit der Anwesenheit der GLA verschwunden. Außerdem ließ sich nicht leugnen, wer die GLA in die Anlage gebracht hatte.


    Hagen spürte nicht nur das andere Pentagramm sondern auch das Schwarmbewusstsein der GLA. Er konnte im Augenblick nur ahnen, wie sehr sein Ausbruch die Planungen der verschiedenen Gruppen durcheinander gewirbelt hatte. Aber das war jetzt auch nicht mehr wichtig!
    Die Form der Sphäre veränderte sich, als das Pentagramm in den Hauptkorridor eindrang. Sie zog sich in die Länge, um nicht die strukturelle Integrität der Anlage zu zerstören. Wie eine Schlange glitt das Pentagramm durch den Flur. Bei Abzweigungen, in denen sich GLA-Truppen befanden,zuckten kleinere Auswüchse kurz hinein und löschten jede Bedrohung aus.


    Als die beiden Sphären nur wenige Minuten später an verschiedenen Zugängen wieder auf die Oberfläche der Insel kamen, war auf ihrem Weg jedes GLA-Element ausgelöscht worden. Die Endgültigkeit, mit der dies erreicht worden war, hatte nicht wenige innerhalb der Verbindung erschüttert.
    Die Direktorin stand mit den eingesammelten Personen auf dem Hauptplatz, während die beiden Pentagramme mehrere Meter über dem Boden schwebten.
    Aus dem Zugang beim Brunnen kamen die übrigen Schülerinnen und Schüler an die Oberfläche. Durch die zurückliegenden Ereignisse gab es keine Frage nach der Bedrohung mehr. Jeder hatte die Menschen gesehen, die von einer Hülle umgeben waren. Innerhalb der Pentagramme wussten alle, dass diese Menschen keine Individuen mehr gewesen waren, sondern nur noch Elemente eines großen Schwarm-Bewusstseins. Der „Galaktische Bruder“ war keine Religion, sondern eine Wesenheit mit einem Gesamtbewusstsein, dass irgendwie auf die Erde gelangt war.