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Sie hatte nichts mehr gesagt, seitdem Konstantin weg war, sondern war einfach nur still neben ihm her gegangen. Ihr war furchtbar heiß.
„Warum sagst du denn nix? Keine Angst ich beiße nicht.“
„Ähm, …. Also ….“
„Du gehst gerne in diesen Wald oder?“
„Ähm, … ja.“
Sie betraten den Wald.
„Hast du schon mal geklettert?“
„Als Kind hab ich das gerne gemacht.“
„Komm, dann lass uns klettern!!“
„Ähm, … also ….“
„Nun komm schon!!“
„Na gut.“
Sie ging mit ihm zu einem Baum, der sehr einfach zu erklimmen war.
„Da hoch?“
„Da hoch.“
„Ladies first.“
„Na gut.“
Sie kletterte voraus und er kletterte hinterher, zwar nicht so elegant wie sie, aber er kam an. Sie hatte sich schon mit dem Rücken zum Stamm hingesetzt und lies die Beine baumeln. Er atmete bereits schwer als er sich auch auf den Ast setzte. Sie hingegen schien es nicht mehr angestrengt zu haben, als Stufensteigen. Sie kicherte. Er sah sie an und sie wurde rot.
„Sieht sehr sexy aus.“
„Was?“, nun wurde sie feuerrot.
„Wenn du kletterst.“
„Eeehhhm, …… ich …… also …..“, sie sah verlegen auf ihr Finger.
„Doch wirklich.“
Sie starrte noch einen Moment auf ihre Finger und überlegte was sie jetzt sagen sollte. Als sie endlich aufblickte, war sein Gesicht ihrem ganz nahe, er legte eine Hand an ihre schlanke Taille und mit der anderen Hand hielt er ihren Kopf.
„Iiiiieeh!!!“, sie schrie, und versuchte ihn von sich wegzudrücken, aber er war stärker als sie. Er drückte sie fest gegen den Baumstamm und versuchte sie zu küssen. Sie wandte all ihre Kraft auf und schubste ihn mehr oder minder brutal weg.
„Aaaaaaaaah!“, er fiel. Auf den Boden. Es waren nur 3 Meter. Er lebte also noch. Sie sprang vom Baum und rannte weg, während er keuchend versuchte sich aufzurichten.
„Keuch ...... Dumme Schlampe…“
Sie rannte zum Eltern-Haus von Konstantin. Und klingelte an der Tür und sie glaubte zu hören wie drinnen jemand sagte: „Komme ja schon!“ Es dauerte unendlich lange bis Konstantins Vater Ralf die Tür auf machte.
„Hal- was ist denn los mein Kind?“ Er war ein rundlicher, gutmütiger älterer Mann.
„Konstantin. Muss zu ihm.“
Mehr schaffte sie nicht zu sagen.
„Ist oben.“ Er war total perplex.
Sie rannte nach oben zu seinem Zimmer und riss die Tür auf. Er stand am Fenster und fuhr erschrocken herum.
„Was ist los?“
Sie schloss die Tür, ließ sich auf sein Bett fallen und kauerte sich dort zusammen. Konstantin hatte sie selten so gesehen. Er setzte sich neben sie und legte ihr eine Hand auf den Kopf.
„Was ist denn passiert?“
„Er … er … ist gefallen … auf den B-Boden … ich ha-hab ihn gesch-schubst.“
„Auf welchem Baum wart ihr?“
„Auf d-der sch-schönen Linde.“
Nachdem sie ihm alles in mehr oder minder ganzen Sätzen gesagt hatte und sich ausgeheult hatte, saß sie nur noch still da und sagte gar nichts mehr.
„Jetzt reg dich mal nicht so auf. Er hat dich sexuell belästigt, das war Notwehr.“
Keine Antwort.
„Vor Gericht würdest du gewinnen.“
„Ich kann’s nicht glauben.“
„Was?“
„Dass ER so etwas getan hat….“
„Na wenigsten hast du dich gewehrt!“, er gluckste.
„Es ist nicht witzig, kein bisschen, er wollte mich vergewaltigen!!“
„Er wollte dich nur Küssen.“
„Nein ich hab gespürt, dass ihm das nicht gereicht hätte, wenn es anders gewesen wäre , … dann …“
„Hättest du ihn machen lassen?“
„Nein. Aber er hätte nachgegeben.“
„Stimmt. Verdammtes Arschloch. Warum hast du ihn nicht von der großen Eiche gestürzt?“
„Dann hätte ich ihn ja umgebracht.“
„Genau.“
„Na danke. Ich hab gerade meinen Traummann fast umgebracht.“
„Jeder Traum kann ganz schnell zum Alptraum werden.“
„Ja.“
„Ja.“
Nach dem Abendessen ging sie wieder nach Hause. Konstantin begleitete sie, weil sie sich noch nicht ganz von dem Schock erholt hatte.
Am nächsten Morgen sah sie ihn nicht einmal mehr an. Er hielt an ihrem Platz kurz inne sagte aber nichts und ging weiter.
„Arschloch.“
„Wer?“
„Er.“
„Ach so.“
„Hat sich nicht einmal entschuldigt.“
„So böse wie du gerade guckst, ist das kein Wunder.“
„Danke, dass du mich so aufmunterst.“
„’ne Aufmunterung brauch wohl eher der Hohlkopf da hinten.“
„Ja, stimmt.“
„Ich weiß net, der tut mir irgentwie Leid, wie der so gaanz alleine dort hinten sitzt und total deprimiert zu Boden starrt.“
Sie versuchte offensichtlich ein Lachen oder ein Kichern zu unterdrücken und ihre schlechte Stimmung aufrecht zu erhalten, schaffte dies aber nicht ganz.
„Jetzt hör schon auf.“
„Womit denn? Ich mach doch nichts.“
„Hmpf.“
Gleich hatte er sie so weit, dass sie anfangen würde zu lachen.
„Das arme Blondchen ...“
Sie hatte schon Tränen in den Augen und konnte nichts mehr sagen, so sehr versuchte sie das lachen zu unterdrücken.
„Ich glaub ich geh gleich ma nach hinten und werde ihn trösten, der heult ja schon fast!“
Sie konnte nicht mehr und fing laut an zu lachen. Sie fing sich wieder.
„Och, menno!!“
„Was lachst du denn?!?!? Das ist net lustig!! Der heult ja wirklich gleich.“
„Wie sollen wir denn jetzt da hoch kommen?“
„Wir?!? Ich geh da net hoch!“
„Doch, aber wie?“
„Ich weiß net… vielleicht könnten wir ein paar Leitern mit hoch nehmen, die wir dann so auf die Äste legen, dass man da problemlos hochgehen kann.“
„Ja!“
„Oder wir basteln uns so richtige Stege.“
„Was meinst du damit?“
„Ich meine damit, dass wir die einzelnen Äste mit langen Holzlatten verbinden, auf die wir dann Bretter nageln, sodass man drüber laufen kann wie über die Stege wenn früher die Piratenschiffe angelegt haben.“
„Boah, cool! Das machen wir!“
„Gut, aber wo nehmen wir das Baumaterial her?“
„Weiß nicht. Können wir nicht einfach die Stöcke und Zweige nehmen, dir hier rum liegen?“
„Nein, das wäre zu gefährlich. Man weiß nie wie viel die aushalten.“
„Ja stimmt.“
„Also woher nehmen wir jetzt das Material?“
Beide starrten in Gedanken versunken in den Himmel.
„Och, mir fällt nichts ein!“
„Mir auch. Es ist schon ziemlich spät. Komm lass nach hause gehen.“
„Ja, okay.“
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Er sah sie an. Sie sah fragend zurück. „Das kann nicht sein!“, dachte er.
„Was ist?“
„Das ist doch nicht möglich! … oder etwa doch?“, Fieberhaft dachte er über das noch was ihm soeben aufgefallen war und fragte sich was er jetzt tun sollte.
„Nix, mir ist nur gerade was aufgefallen.“
„Was denn? Etwas Schlimmes?“
Er würde auf Nummer sicher gehen und so herausfinden ob die Wahrscheinlichkeit hoch genug war. Er aktivierte seinen Dokumentator, ein Gerät, was die menschliche Wahrnehmung mitschnitt.
„Du hast mich gerade an jemanden von früher erinnert. Nichts Schlimmes.“
„An wen denn?“
„Ach nicht so wichtig.“
„Doch!“
„Nein, lass Mal gut sein.“
„Dann sag mir wenigstens was es war!“
Er sah sie wieder an. Sie verschränkte gespielt beleidigt die Arme. Er musste schmunzeln.
„Es ist nur … ich hab es erst bei wenigen, sehr wenigen Personen gesehen.“
„Was denn?“
„Dieses gewisse Etwas. Was einen Menschen zu etwas ganz, ganz besonderem macht.“
„Ähm … Was willst du damit sagen?“
„Es ist sehr schwer zu erklären.“
„Versuch doch einfach mal.“
„Das Problem ist, dass die einzige Art und Weise, wie ich es erklären könnte ersten hoch kompliziert ist und zweitens einige streng geheime Informationen enthält, ohne die dies nicht zu verstehen ist. Aber eins kann ich dir sagen: du bist etwas ganz besonderes und solltest dir gut überlegen auf welcher Seite du stehst.“
„Ja, ich hab zwar nichts kapiert, aber okay.“
„Du wirst es verstehen. Bestimmt. Wenn die Zeit gekommen ist werde ich dir alles bis ins kleinste Detail erklären.“
„Du machst mir Angst!“
„Du brauchst keine Angst zu haben.“
Er lächelte sie aufmunternd an. Sie starrte ihn immer noch an und wusste nicht, was sie davon jetzt halten sollte. Ihr blick erhellte sich und leichtes entsetzen, gemischt mit der Erkenntnis, verstanden zu haben, was er gesagt hatte, machte sich in ihrem Gesicht breit.
„M-Muss ich mich jetzt vor irgendwas besonders in Acht nehmen?“
„Hab keine Angst. Dir wird nichts passieren.“
Er musste unbedingt die schwarze Eule benachrichtigen. Nein, er würde warten müssen bis die schwarze Eule ihn kontaktierte. Er konnte nicht weg, dafür war es viel zu wichtig. Auch seinen aktuellen Auftrag musste er vernachlässigen.