11:42 Uhr - Schulgebäude - Treppen vor Block B
Jester hielt die Hand immer noch ausgestreckt. In ihr flammten erneut Bilder auf. Bilder, die sie erhofft hatte, zu vergessen. Wie Blitze erschienen sie vor ihrem geistigen Auge.
Eine Tür. Holz, schon älter und nicht wirklich teuer, aber robust.
Klicken. Sie wurde geöffnet. Hinter der Tür stand ein Junge, etwas älter als sie selbst und hinter Jester zwei Freundinnen dieses Jungen. Diese schoben Jester in das Zimmer hinein.
Ihr Gesicht musste dunkelrot gewesen sein, es brannte wie Feuer auf ihrer Haut.
Ein weiteres Klicken. Die Tür war zu. Der Junge kramte in seinen Hosentaschen und ein letztes Klicken war zu vernehmen.
Die Tür war abgeschlossen.
Sein Gesicht. Verzogen durch Habgier und Lust, ein Grinsen wie auf einem Kürbis zu Halloween. Morbid. Makaber. Furcht einflößend.
Er ging auf sie zu. Sagte, er tue ihr damit einen Gefallen. Verdeutlichte, dass ihr Körper nicht das war, was er eigentlich wollte. Er suchte mehr. Doch für sie, würde er eine Ausnahme machen. Er packte sie an der Schulter, rabiat, grausam, brutal...
Jester spürte einen Schmerz in ihrer Schulter und griff mit ihrer linken Hand nach dem, was diesen ausgelöst hatte. Sie sah nicht, dass es Ibuki's Arm war. Sie hörte sie nicht sagen "Das war für dein beschissenes Meerschweinchen. Das nervt! Können wir?", sondern sah und hörte ihn. Sie verstärkte den Druck auf den unteren Teil des Handgelenks, den sie in der Hand hatte und setzte mit der rechten, flachen Hand an Ibuki's Schulter an. Bevor der Junge in ihren Augen noch irgendetwas sagen konnte, bevor er überhaupt realisiert hatte, was los war, hatte sie seinen Arm verdreht.
Die linke Hand, die sie in U-Form unter dem Gelenk des Jungen positionierte, hatte sie nach oben gedreht und von sich weggedrückt, während sie die Schulter zu sich heranzog. Nun waren sie und der Arm des Jungen hinter ihm. Jester ging nah an ihn heran und flüsterte in sein Ohr: "Ich habe dir nichts getan. Aber du hast... Ich werde es dir nicht verzeihen. Ich bin dir letztes Mal ausgewichen. Diesmal werde ich dir die Arme brechen!" Sie wollte gerade ansetzen, als sie von einem Geräusch wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt wurde. Ibuki stand vor ihr. Mit großen Augen blickte sie in Jesters Gesicht. Sie hätte sich wehren können, keine Frage, doch sie war scheinbar zu überrascht gewesen.
Jester blickte herunter und sah, dass sie Ibuki's Arm verdreht hatte und so stark an das Gelenk gegriffen hatte, dass sie ihr dort das Blut abschnürte.
Schnell ließ Jester Ibukis Arm los und wich einige Schritte zurück, ehe sie sich zu einer Entschuldigung tief vorbeugte. "Es... es tut mir leid... Ich wollte nicht... Ich... Erinnerungen kamen auf und..." Sie erwartete, dass Ibuki ihr dies heimzahlen würde, also bewegte sie sich nicht und wartete. Wenn sie etwas falsch gemacht hatte, wurde Jester dementsprechend bestraft. Also war es für sie nur verständlich, wenn das Mädchen ihr ein paar gehörige Denkzettel verpassen würde.