Beiträge von Ryoki

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 3 – 07:05 Uhr – Gelände der Schule - Cafeteria


    Erstaunt beobachtete Yukiko das Mädchen, das Rika nach der Schminke fragte. Ihr war es schon vorher aufgefallen, als ihr Senpai von den ersten Kontakten berichtet hatte. Aus irgendeinem Grund wandten sich die Mädchen nicht an sie, sondern nur an Rika. Frustriert nippte sie an ihrem Tee, wobei sie unbewusst wieder in alte Gewohnheiten zurück fiel. Anstelle eine gelassene und lässige Haltung einzunehmen, bewegte sie ihren Körper mit der formellen Eleganz, die ihr eingetrichtert worden war. Fast als befände sie sich inmitten einer Teezeremonie.
    „Sieht so aus, als würde es mit der Mundpropaganda schneller klappen, als vermutet“, sagte Rika dann und riss sie aus ihrem Grübeln.
    Sie zwang sich zu einem Lächeln und erwiderte: "Sieht ganz danach aus, als würden wir einen guten Start haben. Besonders wenn sich die Gerüchte über den Handel in der Krankenstation genauso schnell verbreiten wie die Gerüchte von Inugami-senpai und mir..." Sie machte eine kurze Pause, bevor sie Rikas Blick suchte: "Ne Senpai... Heute Morgen war ich recht früh wach gewesen und hatte bereits einige Minuten auf dich gewartet, bevor du kamst. Ich stand zwar ein wenig abseits, um eventuell auf Ibuki reagieren zu können, aber trotzdem haben mich die meisten Mädchen gesehen. Doch niemand hat mich angesprochen. Auch hier in der Cafeteria nicht. Obwohl ich mir so viel Mühe mit der Schminke gegeben haben. Sie ignorieren mich auch nicht... Ständig erwische ich sie dabei, wie sie mir musternde Blicke zuwerfen. Doch sobald ich sie anlächele wenden sie sich ab, wie scheue Rehe. Kann es sein, dass der Zwischenfall gestern daran Schuld ist?" Da stockte sie plötzlich und fuhr sich mit zwei Fingerspitzen sacht über das Gesicht.
    "O-oder hab ich die Schminke verrieben und sehe aus, wie ein Monster? Und keiner hat was gesagt, weil Inugami-senpai angeblich mein Freund sein soll?" Rika warf ihr einen verwirrten Blick zu. "Und du willst mir die Scham ersparen und sagst deswegen nichts? Wir müssen unbedingt noch kleine Spiegel erschaffen!"

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 22:30 Uhr - Wohnheime der Schüler (4) - Mädchenwohnheim - Yukikos Zimmer


    Völlig erschöpft ließ sich Yukiko auf ihr Bett fallen und dankte dem Erschaffer dieser Welt lautlos für die weiche Matratze. Nicht nur war sie noch immer furchtbar frustriert von ihrer Unfähigkeit mit den Computern umzugehen. Sie konnte schwören, dass diese Dinger sie hassten! Obwohl sie alles so gemacht hatte, wie sie es bei Kouta und Rika beobachtet hatte, spuckten die Maschinen ihr ständig die unterschiedlichsten Fehlermeldungen entgegen, wodurch sie absolut überflüssig gewesen war. Sie verwettete ihre Hand darauf, dass die beiden einen Heidenspaß an ihrem Kampf mit den PCs hatten. Es war aber auch lächerlich, dass sie sich nie mit denen beschäftigen durfte. Das war schon als Kind immer einer der Gründe gewesen, warum sie als Außenseiterin behandelt wurde. Die Gesprächsthemen fehlten einfach die meiste Zeit über. Und das war definitiv einer der Gründe, warum das so war.
    Abgesehen davon taten ihr so ziemlich alle Muskeln weh, von denen sie wusste, dass sie existierten. Nachdem sie mit den Nachforschungen fertig waren, die Experimente im Labor so weit beendet hatten, hatte Kouta noch vorgeschlagen ihre Erzeugnisse in eine sichere Umgebung zu verfrachten. Wie auch Rika stimmte sie dieser Idee aus offensichtlichen Gründen zu, womit die Schlepperei begann. Bis zu dem Zeitpunkt hatte sie nicht realisiert wie viel die beiden hergestellt hatten! Es wäre weniger ein Problem gewesen, wenn sie sich nicht schon beim Kampf mit Kenichi völlig verausgabt hätte.


    Mit einem Seufzen drehte sie sich auf den Rücken und starrte die Decke für einen Moment nachdenklich an.
    "Ich sollte wirklich meinen Platz finden...", murmelte sie. Sie war mehr als froh Rika als Freundin gefunden zu haben. Aber trotzdem hatte sie nach wie vor ein schlechtes Gewissen, dass sie die beiden teilweise mehr behinderte, als das sie ihnen half. Dazu kam dann noch die Gefahr durch Ibuki... Erneut seufzte sie, hievte sich wieder auf die Beine und stellte sich unter die Dusche. Während das heiße Wasser sie zum Entspannen brachte, drifteten ihre Gedanken zurück zu Kenichi. Noch immer fassungslos über seine Dreistigkeit schüttelte sie den Kopf. Insbesondere nach dem Zwischenfall mit Leo... Sobald er auf Leos wütende Herausforderung eingegangen war, hatte sie eine Schlägerei erwartet. Nie hätte sie gedacht, dass er die Schläge einfach einstecken würde. Schon gar nicht solch einen heftigen Angriff. Verdammt noch mal er hätte sterben können! Zumindest aus seiner Sicht. Schließlich wusste er nicht, dass man in dieser Welt nicht wirklich sterben kann. Warum um alles in der Welt, würde er sich dann nicht wehren?
    "Nggghhhhh!", brummte sie und schüttelte erneut ihren Kopf, sodass ihre Haare Wassertropfen gegen die Abschirmung schleuderten.
    "Alle Kerle machen doch eh nur, was sie wollen! Sollen sie doch! Absolut nicht mein Problem", murmelte sie. "Ich brauch mir keine Sorgen zu machen..." Sie musste es hören, denn sie glaubte es nicht wirklich. Der Vorfall war wegen ihr entstanden. Sie hätte ihn nicht verhindern können, sie traf nicht wirklich eine Schuld. Oder hätte sie Leo von Anfang an klar machen müssen, dass sie seine Gefühle nicht erwiderte? Aber das wäre auch in gewissem Maße eine Lüge gewesen. Noch war sie zu sehr mit sich beschäftigt, um sich zu verlieben. Allein die Vorstellung ließ sie selbst unter der heißen Dusche frösteln. Gefühle waren in ihrem bisherigen Leben unwichtig gewesen. Sie hatte sich mit jenen zu treffen, die wichtig und nützlich waren. Oft genug obwohl auf beiden Seiten tiefe Abneigung dem Gegenüber über empfunden wurde. Rationalität und Beherrschung waren die leitenden Devisen gewesen. Und sie hatte vergessen jemals etwas anderes gekannt zu haben. Und nun fand sie sich plötzlich in einer anderen Welt wieder, wo all dies nicht mehr existierte. All Regeln, alle Sicherheiten, alles Vertraute war plötzlich verschwunden. Ihr war bewusst, dass dies im Grunde etwas Gutes war. Aber trotzdem fühlte sie sich noch immer verloren und hatte das Gefühl nicht hierher zu gehören.
    "Wenn sich die Gelegenheit bietet, muss ich Rika-senpai unbedingt sagen, wie wichtig sie für mich ist...", flüsterte sie. Das war das Mindeste, was sie tun konnte. Rika war momentan ihr Halt und ihre einzige Sicherheit. Irgendwann müsste sie sich dafür bedanken.


    Langsam drehte sie das Wasser ab und machte sich fertig für das Bett, indem sie sich abtrocknete, die Haare föhnte und den noch immer rosa Pyjama anzog. Dann räumte sie die Kosmetik Utensilien noch in ihren Badezimmerschrank, um sie am nächsten Morgen benutzen zu können. Sie gähnte herzhaft während sie sich ins Bett legte. Düster bereitete sie sich auf die kommende Albträume vor. Doch die Erschöpfung des Tages überwältigte sie dermaßen schnell, dass sie sich nicht einmal mehr an die letzte Nacht erinnern konnte.


    Im Traum erwachte sie wieder in dem dunklen Kellergewölbe, in dem sie ihren Tod fand. Wieder waren sowohl Hände als auch Füße an einen Stuhl gefesselt. Wieder leuchteten in einiger Entfernung die wagen Umrisse grüner Fratzen auf, die in Erwartung ihrer Schmerzen höhnisch lachten. Doch aus irgendeinem Grund war sie geknebelt. Wie sollte sie so die Geheimnisse ihres Vaters verraten? Bevor sie sich weiter darüber wundern konnte, wurde das Leuchten der Fratzen stärker. Sie tanzten auf sie zu und sie spürte, wie sich scharfe Messerklingen in ihre Haut bohrten. In dem Augenblick, in dem sie einen Schrei unterdrückte, geschah etwas völlig absurdes. Aus der massiven Decke fiel eine menschliche Gestalt. Sie landete in der Hocke genau zwischen ihr und den Fratzen, worauf auch der Druck der unsichtbaren Messerklingen verschwand.
    Sie brauchte nur wenige Sekundenbruchteile um die Gestalt als Kenichi zu erkennen. Völlig verdattert starrte sie ihn an, während er sich gemütlich aufrichtete und umsah. Den Fratzen warf er nur einen kurzen Blick zu, als währen sie bedeutungslos. Dann wandte er sich Yukiko zu und lächelte sie wölfisch an. Sie kannte dieses Lächeln. Genau den Ausdruck hatte er gehabt, als sie ihn zu einem Kampf herausgefordert hat. Als würde er wittern, dass er bekommen sollte, was er wollte. Yukiko verlangte, dass er sie befreite, doch der Knebel ließ nur gedämpfte Laute zu. Stattdessen beugte er sich vor und strich ihr über den Kopf.
    "Ist alles gut", sagte er sanft und mit zufriedenem Unterton. "Ist alles gut..." Yukiko wandte sich in ihren Fesseln um ihn dazu bewegen sie freizulassen. Doch er grinste nur weiter und fragte:
    "Kleines, krieg ich meine Revanche wenn ich dir helfe?" Seine Hand glitt entlang ihrer Haare zu ihrem Gesicht und streichelte sanft ihre Haut. Sein Gesicht kam dabei immer näher und befand sich nur wenige Zentimeter vor ihrem eigenen.
    "Oder soll ich...", begann er, verstummte jedoch und legte seinen Kopf schief. Yukikos Augen weiteten sich und sie erstarrte, als er er noch näher kam und ihr vorsichtig über eine Schnittwunde an der Wange leckte. Sofort lief ihr kalter Angstschweiß den Rücken hinunter. War das es? Wollte er sie wirklich so benutzen? Doch gleichzeitig registrierte sie, dass sich in dem Moment, in dem seine Zunge sie berührt hatte, die Wunden an ihrem ganzen Körper schlossen und nur ein erregendes Kribbeln zurückließen.
    Bevor sie einen weiteren Gedanken fassen konnte, durchfuhr ein heftiges Krachen den kleinen Raum. Die Wand links von ihr wurde brachial aufgesprengt und ein wilder Leo sprang aus der Staubwolke hervor.
    "NIEMAND FASST MEINE YUKIKO AN!", schrie er. Unter der donnernden Lautstärke zuckte Yukiko zusammen. Dann stürmte der Junge mit unveränderter, brachialer Gewalt in einer Linie durch den Raum und zerstörte dabei alles in seinem Weg. Kenichi wurde mitgerissen und bildete zusammen mit Leo ein unförmiges Knäuel, das die gegenüberliegende Wand durchschlug und in einer weiteren Staubwolke verschwand.
    Selbst die grünen Fratzen starrten den beiden völlig ungläubig hinterher. Sowohl Yukiko hatte sie, als auch sie hatten Yukiko vergessen. Im nächsten Moment hörte man ein Husten. Blinzelnd sah Yukiko wieder zur linken Wand, wo sich ein Loch langsam aus der grauen Staubwolke schälte. Und daraus kletterte mit beherrschten Bewegungen Takeshi hervor. Auch er ignorierte die Fratzen und stellte sich vor Yukiko. Dann schob er eine schmale Brille zurecht und meinte:
    "Sakamato-san, du bist im Zentrum der letzten Unruhen gewesen. Ich hoffe deine Entfernung aus der Schulumgebung für einen Tag wird reichen die Wogen zu glätten und dir Zeit zum Nachdenken geben."
    Er verstummte und dann tauchte plötzlich Kouta schräg hinter ihm auf.
    "Mir ist egal, dass sie mich bestohlen hat, solange ich meine Fähigkeit ausüben kann!"
    Takeshi löste sich in Luft auf und wurde mit einem weißen Lichtblitz durch Rika ersetzt. Sie sah sich stirnrunzelnd im Raum um und entdeckte die grünen Fratzen. Für einen Moment starrte sie die beiden an. Diese blinzelten. Dann zog Rika ihre Pistole aus der Tasche und erschoss die beiden Wesen ohne zu zögern, wodurch auch sie sich in Luft auflösten.
    Dann wandte sie sich Yukiko zu und lächelte. Dann löste sich der Raum langsam auf, als Yukiko langsam aus ihrem Traum glitt.


    Sie öffnete die Augen und starrte auf ihre Knie. Sie hatte sich wohl während des Schlafs wie ein Fetus zusammengerollt und sich die Decke über den Kopf gezogen. Sie stöhnte, während der Traum in ihrem Kopf herumspukte. Noch nie im Leben hatte sie etwas derart absurdes geträumt. Langsam kämpfte sie sich unter der Decke hervor und stöhnte erneut. Wie es zu erwarten war, hatte sie Muskelkater. Und das ordentlich. Ein müder Blick zum Wecker zeigte ihr 5:40 Uhr an. Sie ließ sich zurück in die Kissen sinken. Immerhin hatte sie mehr oder weniger durchschlafen können. Sie entschied, dass es sich nicht mehr lohnte die Gefahr auf einen weiteren Traum wie diesen einzugehen und stieg unter die Dusche. Bis kurz vor sieben verbrachte sie die Zeit im Bad, um mit ihrem neuen Make Up herum zu experimentieren. Es war nicht so gut wie das, was ihr von den Experten immer aufgetragen wurde, aber es war auch alles andere als schlecht. Sie brauchte ein paar Versuche um ein optimales Ergebnis herauszuholen, aber es lohnte sich aus ihrer Sicht. Dunkle Lidstrich und Eyeliner betonten ihre Augen und brachte sie regelrecht zum funkeln. Mit der Wimperntusche kämpfte sie ein wenig, was aber mehr daran lag, dass die Pinsel nicht optimal waren. So war es ein wenig knifflig zu vermeiden, dass sie nicht aneinander klebten. Und zu guter Letzt konnte sie ihre Augenringe kaschieren. Zusammen mit ihrem eher lächerlich absurden, als grausamen Traum, hatte sie wieder eine gesunde Farbe im Gesicht. Sie betrachtete sich noch einen Augenblick und lächelte. So gefiel sie sich doch gleich viel mehr. Doch als sie den Gedanken weiterführte, erinnerte sie sich an eine Szene aus ihrem Traum. Als Kenichi sich vorgebeugt hatte und sie...
    Sofort lief sie rot an und schüttelte den Kopf. Das würde er nicht wagen. Selbst er nicht! Oder... doch? Sie verdrängte den Gedanken und zog den Rock ihrer Schuluniform zusammen mit der neuen Bluse an. Heute stand wichtigeres an. Sie durfte sich nicht von blöden Träumen ablenken lassen.


    Dann ging sie herunter und wartete in einiger Entfernung zum Eingang auf Rika. Sie wollte nicht schon direkt am Morgen zu offensichtlich präsentieren, dass sie Dinge besaß, die es so eigentlich nicht geben sollte. Insbesondere nicht, wenn Ibuki ebenfalls zu den Mädchen im Wohnheim gehörte.

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 18:06 Uhr - Gelände der Schule - Bibliothek


    Als seine Stimme an Sicherheit gewann, musste Yukiko grinsen. Jetzt verstand sie, warum Rika ihn mit Vornahmen vorgestellt hatte. Es schien zu stimmen, dass sich Gleich und Gleich gern zueinander gesellt. Das zwang sie gerade dazu sich die beiden als Paar vorzustellen, was sie verhalten kichern ließ.
    "Sehr erfreut, Nemura-kun", sagte sie dann und bemühte sich nicht die Freude in ihrer Stimme zu verbergen, "Rika-senpai hat mir schon erzählt, dass du ihr ein großes Stück geholfen hast. Auch von mir vielen Dank dafür... Ich bin leider nicht wie ihr beide in der Lage Dinge zu erschaffen."
    Sie seufzte und fügte hinzu: "Es ist eine wunderbare Fähigkeit und ich wünschte ich hätte sie auch. Aber es soll mir wohl nicht vergönnt sein... Ich beneide euch beide in der Beziehung."
    Sie wandte sich dann mit dem Oberkörper halb in Richtung der Tische, wo sie mit Rika zusammen die Bücher gewälzt hatte und schlug vor:
    "Wollen wir nicht zu Rika-senpai gehen, damit sie auch davon erfährt? Bevor sie sich noch wundert, dass wir nicht zurückkommen."
    Während sie das sagte, breitete sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen aus. Ein Computerraum hörte sich wirklich äußerst nützlich an. Das Problem war nur, dass sie keine Ahnung hatte, wie man mit den Maschinen umzugehen hatte. Ihr Vater hatte ihr jeglichen Zugang untersagt. Begründet hatte er es damit, dass es sie verdummen würde. Aber jetzt mit einem freien Verstand, vermutete sie eher, dass er nicht wollte, dass sie durch das Internet Kontakte schloss, die er nicht kontrollieren konnte. Und auch wenn die Gründe hier nicht mehr von Bedeutung waren, so änderte es nichts daran, dass sie sich gleich wahrscheinlich äußerst blamieren würde.

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 18:06 Uhr - Gelände der Schule - Bibliothek


    Die Erleichterung übertünchte die erneut aufkeimenden Schuldgefühlen, als sie seinen knurrenden Magen hörte. Aber dann stutzte sie innerlich. Kopfschmerzen? Die Welt war doch so angelegt, dass die Schüler solche nicht bekommen sollten. Sonst müsste die Krankenstation schließlich besetzt sein, um jene, die dadurch unfähig sind am Unterricht teilzunehmen zu versorgen. Für den Moment schob sie den Gedanken beiseite und lächelte den Jungen dankbar an.
    "Danke! Das hatte seit gestern an mir genagt. Wird auch bestimmt nicht wieder vorkommen! Das verspreche ich", schwor sie, während sie sich erneut vor ihm verbeugte.
    Sie hatte gemerkt, dass er in ihrer Gegenwart mehr als steif war. Als wüsste er nicht wie er sich verhalten sollte. Das rief sowohl Erstaunen als auch Freude in ihr hervor. Zum einen war es gewesen, der Rika und ihr etwas zugerufen hatte und zum anderen bewies er damit, dass normale Jungs nicht so dreist sein mussten wie Kenishi. Wenn sie es sich recht überlegte, hatte dieser Junge mehr Ähnlichkeiten mit ihr, als mit Kenichi. Damit war er ihr gleich sympathischer als alle anderen Jungs, die sie bis jetzt kennengelernt hatte.
    Um ihm seine Befangenheit zu nehmen, lächelte sie ihn freundlich an und ließ ihre Stimme sanft werden.
    "Mein Name ist Sakamato Yukiko", sagte sie. Sie zögerte unsicher, wie sie fortfahren sollte. Wieder stiegen ihre Erinnerungen an die Begegnung mit Kenichi in ihr auf. Aber auch jene an ihre Begegnung mit Hayato. Und plötzlich wurde ihr bewusst, dass innerhalb von zwei Tagen jeder sie beim Vornamen nannte. Sie kämpfte kurz mit sich selbst, resignierte dann aber freiwillig. Sie musste sich daran gewöhnen nicht mehr den strengen Regeln ihrer ehemaligen Kreise unterworfen zu sein. Noch immer lächelnd sagte sie dann:
    "Wenn du möchtest, kannst du mich Yukiko nennen." Nach einer kurzen Pause, siegte dann ihre Neugier und sie wagte einen Schuss ins Blaue.
    "Vorhin hat es so ausgesehen, als ob du eine von uns kennen würdest. Da ich es nicht bin, kann es sein, dass du", hier zögerte sie kurz, weil sie selbst nur seinen vermeintlichen Vornamen kannte, "Kouta-kun bist?"

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 18:05 Uhr - Gelände der Schule - Bibliothek



    "Ähem, Hallo. Es gibt hier auch einen Computerraum!", hörte Yukiko plötzlich eine fremde Stimme. Sie war so sehr in das Buch vertieft gewesen, dass sie nicht sofort merkte, dass diese Bemerkung ihnen galt. Während sie mit Rika den Nachforschungen nachgegangen war, hatte sich ihr fehlender Schlaf wieder bemerkbar gemacht, was dazu führte, dass sie ihre Augen beim Lesen angestrengt zusammen kneifen musste. Nachdem sie sich dann von ihrem Buch losgerissen hatte, rieb sie sich ihre Augen, während sie sich nach dem Sprecher umsah.
    Als sie Kouta entdecke, war ihr klar, dass sie ihn kannte. Deswegen befasste sich ihr müdes Hirn auch nur nebenbei mit seiner Bemerkung.
    "Eto, danke für die...", setzte sie an. Doch dann traf sie die Erkenntnis wie ein Schlag. Das war der Junge, den sie am gestrigen Tag beklaut hatte! Bei all dem was heute geschehen war, hatte sie ihn ganz vergessen! Sofort kehrten die Schuldgefühle zurück und sie wusste nicht, was sie tun sollte.
    Reflexartig sah sie sich um und stellte fest, dass zu viele Schüler sie belauschen könnten. Trotzdem wollte sie sich entschuldigen... Also stand sie auf und eilte zu dem Jungen herüber, der sie nur überrascht ansah.
    Vor ihm blieb sie stehen, legte die Handinnenflächen aneinander, hielt sie in einer bittenden Haltung, beugte leicht ihren Kopf und sagte leise um die Ruhe nicht der Bibliothek nicht zu stören:
    "Ne, würdest du mir bitte kurz folgen? Ich muss dir unbedingt was sagen."
    Ohne auf eine Antwort zu warten, schnappte sie sich zögernd einen Zipfel seiner Uniform und zog ihn hinter sich her in die Deckung zweier Regalreihen. Zuerst hatte sie reflexartig seine Hand greifen wollen, doch da aktivierte sich wieder ihre Erziehung sich nicht durch viel zu schnell viel zu vertraute Gesten respektlos zu verhalten. Schließlich hatte sie nie mit anderen so umgehen dürfen, weswegen auch diese Situation eine neue Erfahrung für sie war. Auch wenn sie insgeheim Kenichi dankte. Sein Crashkurs kam ihr gerade auf erstaunliche Art und Weise zu gute.
    Als sie sicher gegangen war, dass niemand sie in der unmittelbaren Umgebung belauschte, drehte sie sich kurz um, um zu verdecken, dass sie mit den Händen unter Bluse griff, um an die Essensmarke zu kommen, die sie extra für diesen Fall in ihrem BH eingeklemmt hatte. Sie hatte das einmal in einem Film gesehen und da die Mädchenuniform, ebenso wie ihre neue Bluse, keinerlei Taschen besaß, wusste sie nicht, wo sie sie sonst hätte verstauen können. In der Ecke hatte Rika mit ihrer Hose definitiv einen Vorteil. Jedenfalls fischte sie die Marke hervor, richtete ihre Bluse wieder her, drehte sich um und verbeugte sich tief vor ihm. Die Marke hielt sie mit beiden Händen und hielt sie ihm während der Verbeugung gleich eines Opfers entgegen. Dann sagte sie:
    "Es tut mir leid! Ich war es, die dir gestern deine Essensmarke geklaut hatte. Es ist einiges passiert und ich wusste nicht wirklich, was ich deswegen tun sollte... Und habe mich dann falsch entschieden. Wirklich, es tut mir Leid. Ich hoffe als Wiedergutmachung akzeptierst du diese Marke für die Schulmensa! Bitte nimm sie an."
    Sie wagte es nicht auf zusehen und verharrte deswegen in ihrer demütigen Haltung, während sich ihr Magen verkrampfte.

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:48 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    Als Yukiko von Rikas Vorhaben erfuhr nickte sie motiviert. Sie hatte die meiste Zeit Privatunterricht gehabt, wobei sie nur die Klausuren innerhalb der Schule mitschreiben musste. Sie war stets eine der besseren gewesen, auch in den Naturwissenschaften. Sie hoffte, dass ihr Vorwissen ihr halbwegs weiterhelfen würde, während sie auf dem Weg zur Bibliothek ihre Erinnerungen durchkramte.


    Nachdem sie angekommen waren, setzte sie sich mit diversen Büchern in den Lesesaal und fing an sich die Zusammensetzungen und Eigenarten verschiedener Stoffe anzueignen.

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:48 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    "Hört sich gut an", stimmte Yukiko Rika zu.
    "Soll ich dann vorher noch meine ausgeliehenen Bücher zurückgeben? Soweit ich mich erinnere, kann man schließlich nur 5 Bücher gleichzeitig ausleihen? Oder reicht es, wenn wir uns dort das Wissen aneignen? Und wie kann ich am besten helfen?"

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:48 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    Zustimmend nickte Yukiko. Wenn Hayato zustimmte, hatte sie wenig Zweifel daran, dass man ihm vertrauen konnte, solange man ihn nicht übers Ohr haut.
    "Du meinst also, dass Ibuki eher klauen als versuchen würde sich das Monopol anzueignen? Ich komm nicht drum herum, mir sorgen um dich zu machen, Senpai... Wenn sie erfährt, dass du das alles hergestellt hast, weiß ich nicht, was sie tun wird... Ich mein, ich könnte mir vorstellen, dass sie dich bedrohen wird oder schlimmeres... Ich glaub deswegen sollten wir vermeiden Leo davon zu erzählen..."
    Sie hatte wegen beiden Punkten ein schlechtes Gewissen. Zum einen würde Ibuki wohl allein aus dem Grund ihr das Leben schwer machen zu wollen ihr Vorhaben stören. Zum anderen war sie zwar noch immer sauer auf Leo wegen seinem Verhalten, aber ihn eventuell hungern zu lassen, empfand sie als übertrieben und ein wenig kindisch. Dennoch gab es wohl kein drum herum. Und außerdem würde Ibuki ihn wohl versorgen. Wenn er damit zufrieden war, sollte es nicht ihr Problem sein.
    "Was wollen wir dann den Abend über machen? Weitere Forschungen, oder schon mal den Raum vorbereiten?"

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:47 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    "Oh ja, das wäre nicht schlecht...", bestätigte Yukiko.
    "Dann machst du also morgen den Anfang mit der Werbung, während ich die ersten Dinge eintausche. Ab dem Nachmittag werde ich dann auch dazu stoßen und dem ein oder anderen Klub einen Besuch abstatten? Was machen wir dann während die anderen im Unterricht sitzen? Nachforschungen bezüglich anderer Stoffe anstellen? Und vor der ersten Pause sollten wir noch den Raum herrichten. Ein wenig Platz schaffen und vielleicht die Betten so positionieren, dass wir die Vorhänge für ein wenig Privatsphäre nutzen können."

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:47 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    "Klar behalte ich das im Hinterkopf... Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken Ibuki unnötig zu provozieren... Wobei man das wohl kaum als unnötig beschreiben kann. Sie wird so oder so von unserem Vorhaben Wind kriegen. Dabei macht es nur wenig Unterschied wann sie es erfährt. Und ich denke Hayato-senpai wird sich eher ebenfalls neu einkleiden wollen, als uns daran zu hindern für unser Essen zu sorgen. Ich könnt mir denken, dass er uns auch vorerst unterstützen würde... Auch wenn es sein Ziel ist von hier zu entkommen. Er schafft das nicht durch hungern."
    Nach einer kurzen Pause ging sie dann auf ihre Bemerkung bezüglich der Magie ein.
    "Ich hoffe nur, dass wir dann nicht auch diese super peinlichen Verwandlungen durchgehen müssten, wenn wir diese Kraft hätten...", meinte sie scherzhaft. Sie erinnerte sich an einen der Mangas, den sie ausgeliehen hatte. Aus irgendeinem Grund beinhaltete jede Verwandlung in ein Zaubermädchen das auflösen jeglicher Kleidung in aller Öffentlichkeit. Zuerst dachte sie falsch gelesen zu haben, aber die Bilder waren doch ziemlich eindeutig, worauf sie erst mal eine Runde Rot angelaufen waren. 'Und das lesen kleine Mädchen?' hatte sie sich gefragt.
    "Wann wollen wir dann mit unserem kleinen Beauty-Shop beginnen? Ab morgen?"

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:47 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    Mit unverhohlener Faszination beobachtete sie, wie Rika die Bluse anpasste. Sie war unfähig sich von dem sich verändernden Stoff loszureißen, bis Rika fragte ob alles passte. Sie bewegte sich ein wenig, rückte sie zurecht und nickte dann.
    "Das ist unglaublich", flüsterte sie dann, "Das ist Magie. Egal wie man es dreht und wendet. Mich würde es nicht wundern, wenn wir uns in dieser Welt auch in Mahô Shôjos verwandeln könnten."
    Rikas fragender Blick holte sie aber wieder in die Realität zurück.
    "Und ja, es passt perfekt. Danke, Senpai! Ich würd sagen, dass ich sie ab jetzt trage, um weiter Aufmerksamkeit auf uns zu lenken? Bis sich das Wissen über unser Angebot festgesetzt hat?"

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:46 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    Sie nickte auf Rikas Ratschlag und erinnerte sich an ihre Anmerkung bezüglich Koutas Rückkehr. Der perfekte erste Eindruck. Sie in Unterwäsche. Nein danke, darauf konnte sie verzichten. Dann schnappte sie sich vorsichtig die Blusen und machte sich auf zu dem Nebenraum.
    Neugierig sah sie sich dort um, konnte aber nichts wirklich interessantes erkennen. Nur jede Menge Schränke mit Ordnern und Büchern. Neben einem Schreibtisch, der in der Mitte des Raums stand, glotzten sie die leblosen Augen eines Skeletts an. Zuerst zuckte sie erschrocken zusammen, bevor sie merkte, dass es lediglich eins dieser Unterrichtsmodelle war, die benutzt wurden, um Anatomie zu vermitteln.
    "Hehe", flüsterte sie, "Schön dich kennen zu lernen. Nicht spannen, ja?"
    Damit wechselte sie ihr Oberteil, wobei sie direkt mit der kleinsten Bluse begann. Sie war wirklich angenehmer zu tragen, als die Uniform. Viel leichter und bequemer, nicht zu vergessen bedeutend schicker... Zumindest wäre letzteres der Fall, wenn es ihr nicht fast bis zum Ende ihres Rocks reichen würde. Es müsste aussehen als, steckte sie in einem Sack. Außerdem war der Kragen viel zu weit und drohte ihr beidseitig von den Schultern zu rutschen. Ihre Wangen röteten sich leicht, als sie die Tür zum Labor ein Stückchen aufschob und hereinspähte, um festzustellen, ob Kouta bereits zurückgekommen war. Als sie ihn aber nirgends sah, ging sie zu Rika und sagte mit den Händen am Saum der Bluse.
    "Hehe, ich glaub es ist ein wenig zu groß für mich", sagte sie in einem Tonfall, der die Überflüssigkeit der Bemerkung deutlich machte.

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:46 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    Yukikos Augen weiteten sich als Rika die Blusen hervorholte. Wie viel hatte sie bitte in dieser kurzen Zeit alles erschaffen?
    "Du bist unglaublich, Senpai", sagte sie, während sie sacht mit den Fingerspitzen über Stoff fuhr. Er war nicht das, was sie gewöhnt war, aber weit aus besser, als die Uniformen. Mit anderen Worten mehr als nur eine kleine Verbesserung.
    "Soll ich sie gleich anprobieren, oder?", fragte sie unsicher und erkannte dabei einen weiteren Vorteil der Krankenstation. Die Betten konnte man durch weiße Vorhänge trennen. Man hatte also provisorische Umkleidekabinen, die im Labor natürlich fehlten.
    Nebenbei sagte sie dann noch:
    "Es kommt mir vor, als ob wir einen Beauty-Shop eröffnen. Es fehlen nur noch Nagellack, Lotionen und Cremes."

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:46 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum


    Als Rika ihre Zustimmung kundtat, strahlte Yukiko für einen Moment ehe sie sich ihrer verräterischen Reaktion bewusst wurde.
    "Es gäbe also schon ein paar mehr Möglichkeiten, was man im Tausch für Essensmarken anbieten könnte. Könntest du dir vorstellen anderen Mädchen die Haare zu machen, Yuki?"
    Verblüfft zögerte sie mit einer Antwort. Sie hatte sich immer von den Bediensteten des Hauses die Haare herrichten lassen, während das eigentliche Schneiden bei angesehenen Friseuren stattgefunden hatte. Das waren immer solche Zeitpunkte, zu denen sie der Öffentlichkeit zur Schau gestellt wurde... Dabei hatte sie dem Friseur immer auf die Finger geschaut, aber nie selbst irgendwem die Haare geschnitten.
    "Ich könnte es probieren", sagte sie zögerlich, "Allerdings würden wohl die ersten Versuche weniger überzeugend ausfallen. Vielleicht sollten wir deswegen am Anfang nur Marken einfordern, wenn es ihnen auch gefällt."

    [Yukiko Sakamato]
    Tag 2 - 17:45 Uhr - Gelände der Schule - Laborraum

    Bei der Erklärung des Comics konnte Yukiko wirklich nur doof aus der Wäsche gucken. Sie erkannte zwar die Analogie, aber wusste trotzdem nichts damit anzufangen.
    "So wie ich es einschätze hat sie nicht zu viele Filme gesehen, sondern sich in den falschen Kreisen herumgetrieben. Es heißt zwar immer, dass Japan eins der sichersten Länder sei, aber trotzdem gibt es dieses Gangverhalten... Mir fehlt ein Wort es besser zu beschreiben. Die richtigen Yakuza, die, die wirklich Macht haben, sitzen nicht in alten Bauten, rüsten ihre Anhänger mit Maschinengewehren aus und sehen ein Problem erst dann gelöst, wenn die gegnerische Partei nicht mehr existiert. Nein, sie sitzen weit oben in der gesellschaftlichen Hierarchie, sind hohe Tiere besonders im Handel mit Immobilien und haben Verbindungen zur Politik, um dort entsprechende Leute zu schmieren und ihre Ziele durchzusetzen. Mord und Totschlag sind da die Ausnahme. Natürlich existieren sie..."
    Sie schluckte, als sie sich an diverse Szenen erinnerte.
    "Aber so was wie Bandenkriege gibt es bei diesen Leute nur sehr selten. Die Methoden haben sich seit dem Zeitalter der Samurai weiterentwickelt. Es wird mit Geld und Einfluss gekämpft, nicht mit Waffen...
    Mir scheint als würde Ibuki jene Banden verehren, die auf Geschäftstreffen mit den Konkurrenten jene in einem Kugelhagel ermorden, um sie aus dem Weg zu räumen. Sie vergisst dabei, dass das Gebäude, in dem das alles abläuft mächtigeren Menschen gehört. Nämlich jenen, die ihnen auch die Waffen verkaufen und sie lediglich agieren lassen wie es ihnen beliebt, weil sie deren Zeit nicht wert sind und allgemein keine Bedrohung darstellen."
    Unweigerlich schüttelte sie den Kopf. Was glaubte Ibuki warum Yukiko keine Kampfmaschine war? Wenn es so wäre, wie sie es sich vorstellte, wäre es für ihren Vater doch bedeutend effektiver gewesen sein eine kaltblütige Killerin, oder noch besser einen kaltblütigen Killer, aufzuziehen. Nein, Prestige und Beziehungen sind einfach beutend wichtiger geworden, als rohe Kampfkraft.


    "Aber lass uns jetzt nicht darüber nachdenken. Wer weiß schon, was sie denkt..." Dann legte zwang sie ihre Gedanken in eine andere Richtung, wobei sie nicht sofort wieder Faden fand.
    "Also brauchen wir vorerst nichts zu befürchten? Zumindest nicht mehr als ohnehin schon... Hoffen wir einfach mal, dass wir mit größeren Tauschaktionen keine Schulregeln brechen."
    Als sie da angekommen war, blickte sie Rika schüchtern an. Dann legte sie ihre Hände vor ihrer Brust zusammen und fragte:
    "Ne, Senpai... Wenn wir irgendwann Kleidung tauschen... Wäre es doch auch gut, wenn... Wenn du ein wenig Übung im Erschaffen von Klamotten hast, die du seltener getragen hast... Also... Kleider oder Röcke mit ein wenig Spitze? Vielleicht? Und dann könnte ich die auch gleich austesten und gucken ob sie passen und auch bequem sind? Oder was glaubst, wäre bei den anderen Mädchen gefragt?"
    Sie konnte es sich nicht über sich bringen und nach einer Modeberatung fragen. Ihr war klar, dass ihr normaler Stil hier völlig unpassend war. Sie würde heraus stechen wie ein T-Rex in einem Liliputaner Land. Sie wäre dann völlig overdressed, wie man so schön sagte. Aber da ihr die Uniformen auch nicht so sonderlich gefielen... Sie hoffte einfach, dass Rika verstehen würde, worauf sie hinaus wollte. Ihr Stolz zeigte sich wirklich zu seltsamen Gelegenheiten.

    [Ryan]


    Ohne Zeit zu verschwenden nickte Ryan und zog sein Hemd aus, um sich das Geschirr über die nackte Haut zu ziehen. Die Hose behielt er vorerst an. Sie war dünn und würde ihn selbst im Wasser wenig behindern. Und zur Not konnte er sie noch immer schnell ausziehen. Den bisschen Schutz den sie bot, wollte er behalten. Er prüfte kurz ob das Messer noch immer an seinem Platz war. Dann warf er Taylee einen aufmunternden Blick zu und sagte an Slice gewandt:
    "Mir ist es egal wer zuerst geht. Hier der Tauchretter für die Kleine. Vergiss nicht ihn am Boden des Raums liegen zu lassen, wenn ihr im Trockenen seid. Sonst säuft uns der alte Mann noch ab."
    Nach einer kurzen Pause ergänzte er:
    "Außerdem solltest du vielleicht jeglichen unnötigen Ballast aus dem Rucksack schmeißen. Alles, was durch Nässe unbrauchbar wird. Aber lass die Werkzeuge bloß drin."
    "Und jetzt geht. Wir haben nicht die Zeit zu diskutieren."


    Dem hustenden Jack warf er wortlos eine der Wasserflaschen zu. Es wäre mehr als ungünstig, wenn er im Wasser seinen Luftvorrat deswegen aufbrauchen würde.

    [Ryan]
    Verwundert über den Vorschlag, dass der Alte sein Messer abgeben sollte, meinte Ryan:
    "Er hat doch schon eins. Sogar ein bedeutend effektiveres, als das Rasiermesser des Alten."
    An Jack gewandt sagte er dann mahnend:
    "Beeil dich, pass auf dich auf und halt die Waffe bereit. Zwischen den Zähnen oder so. Wer weiß warum da Löcher in der Röhre sind."


    Derweil runzelte er die Stirn und betrachtete die Ausbreitung der Ameisen.
    "Die Zeit wird knapp."

    [Ryan]


    "Was sollen wir jetzt machen?"
    Als ob er das wüsste! Das war ein heiteres Ratespielchen mit ihren Leben als Einsatz. Mit den Ameisen im Blick lugte er in den anderen Raum hinein. Er erkannte die Lichter am Grund der Kammer und das Flutungsrohr. Er runzelte die Stirn und dachte zurück an die Kammer aus der gekommen war und an den seltsamen Nebel. Er glaubte definitiv nicht daran, dass es gesund war den einzuatmen. Aber genauso wenig glaubte er, dass Taylee es ohne den Tauchretter schaffen würde die Strecke unbeschadet zu tauchen. Selbst wenn er sie mitziehen würde. Es sah ganz nach einer Entscheidung aus, ob die Gruppe sich lieben für den Nebel oder das Wasser entscheiden würde.
    "Haben wir einen guten Schwimmer hier? Wir müssen wissen wie es da unten weitergeht. Wenn nicht kann ich es versuchen. Ich wette mit euch, sobald wir alle in dem Raum sind, wird sich die Tür hinter uns schließen. Keine Ahnung ob es ein zurück gibt. Am liebsten wäre es mir wenn einer zurückbleiben und die Tür offen halten würde. Aber die Ameisen machen uns da wohl einen Strich durch die Rechnung. Im anderen Raum gibt es ein paar Schalter und ein weiteren Gang in eine Art Nebel. Höchstwahrscheinlich giftig. Deswegen weiß ich nicht so recht für was wir den Tauchretter verwenden sollen. Taylee wird ihn definitiv auch zum Tauchen brauchen.
    Es hängt also nicht an mir, was wir tun. Kommt ganz darauf an, was ihr euch zutraut."

    [Ryan]


    Als Ryan den Raum wieder betrat, rannte er beinahe in mehrere der Leute, die sich fluchtartig in Richtung des Gangs bewegten. Er runzelte die Stirn und sah sich dann genauer um. Er konnte seinen Augen kaum glauben, als er den roten Teppich sah und erkannte, was es war. Seine Hand umschloss die Taylees fester, während er die Situation weiter scannte. Der alte im hinteren Teil mit dem Rucksack und der Flasche in der Hand. Die Bewegung der Ameisen in seine Richtung. Kleider und Vorräte auf dem Boden verstreut, unbrauchbar dank dem Ameisenbefall. Seine Kiefer mahlten aufeinander in dem Versuch Ruhe zu bewahren. Jetzt galt es die Situation zu retten, anstatt auszurasten. Oh, aber das würde er. Nur noch nicht jetzt. Den Tauchretter, der noch immer dort war, wo er ihn zurückgelassen hatte. Umringt von Ameisen. Die Position des nächsten Barcode-Scanners. Er müsste schnell sein.
    "Hier geht es nicht weiter. Nicht für mehrere", rief er den anderen entgegen während Taylee losließ und sich dann an sie wandte.
    "Bleib bei den anderen."
    Damit sprintete er in einem Bogen um die Ameisen herum, geradewegs auf den Alten zu. Kurzerhand packte er ihn am Kragen und zischte: "Wir sprechen uns noch Freundchen, falls wir beide das überleben sollten!"
    Dann nutzte er all seine Kraft ihn zum Scanner zu zerren und zwang ihn trotz seiner Gegenwehr seinen Code einzuscannen. Anschließend sprintete er wieder in einem Bogen herum und stampfte mit seinen Gummistiefeln durch die Ameisen zu den Vasen, wo sich noch der Tauchretter befand. Er schnappte ihn sich und bewegte sich mit großen Schritten, die schon fast als Sprünge gelten konnten aus der roten Masse. Die paar Viecher, die sich an ihm festklammerten, sollten ihm jetzt egal sein. Davon würde er nicht sterben.